Ausgleichsanspruch

Nichts passiert? Von wegen!

Auch wenn hier lange nichts geschrieben wurde, ist doch viel passiert. Gerade dies ist nämlich der Grund, warum die Blogsche Schreibfeder etwas ruhte.

In Kürze wird über eine Vielzahl interessanter Urteile aus dem Vertriebsrecht zu lesen sein.

Die großen Vertriebe, DVAG – OVB – Swiss Life Select – MLP – Bonnfinanz u.s.w., machten in den letzten Wochen auf sich aufmerksam.

Während Jürgen Klopp jeden Tag nach den Nachrichten den Taler der AachenMünchner auffängt, laufen im Hintergrund bei der DVAG Strategiegespräche. Gerüchten zufolge bastelt man an einem neuen, nicht mehr angreifbaren Vermögensberatervertrag.

Während dieser im Jahre 2007, während der letzten großen Änderung, noch für 37.000 Vermögensberater gedruckt werden musste, sind es nach dem Handelsblatt aktuell noch 14.000 Vertriebsmitarbeiter.

Dabei gibt der alte Vertrag für den Vermögensberater mittlerweile viel Rechtssicherheit. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot wurde vom BGH für unwirksam erklärt, vorher schon die Vertragsstrafenregelung, gezahlte Softwarepauschalen gibt es wieder zurück,  das Intranet darf nach Kündigungsausspruch nicht abgestellt werden, und die Provisionen müssen ebenso nach der Kündigung weitergezahlt werde. Aus Sicht des Vermögensberaters gibt es auf den ersten Blick wenige Gründe, sich mit neuen Regelungen anzufreunden.

Schließlich hatte der BGH ja noch entschieden, dass der Ausgleichsanspruch eines Vermögensberaters – so er denn einen hat – relativ bequem mit Hilfe der sog. Grundsätze errechnet werden kann. Und ein solcher entsteht z.B., wenn der Vertrieb ordentlich kündigt, so dass von diesem Druckmittel wohl kaum Gebrauch gemacht wird.

Ausgleichsanspruch für den Warenvertreter und Versicherungsvertreter

Als Anwalt mit Schwerpunkt Handelsvertreterrecht werde ich – neben den Kosten für ein Verfahren – auch oft nach der Höhe eines Ausgleichsanspruchs gefragt.

Der Ausgleichsanspruch für Versicherungsvertreter wird anders errechnet als der eines Warenvertreters. Zur Unterscheidung: Ein Warenvertreter verkauft Waren, ein Versicherungsvertreter bzw. Vermögensberater vermittelt Versicherungsverträge.

Ein Anwaltskollege hat sich einmal die Mühe gemacht, eine Formel für den Ausgleichsanspruch für Warenvertreter  in einer Excel-Tabelle darzustellen. Die Tabelle ist gut gelungen, aber leider für Versicherungsvertreter nicht geeignet.

Den Ausgleichsanspruch kann und muss der Versicherungsvertreter/Vermögensberater grundsätzlich selbst errechnen.

Die Grundsätze zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs findet man hier.

Hier beispielhaft die Berechnungsgrundsätze für

Finanzdienstleistung

Krankenversicherung

Sachversicherung

Kfz

Lebensversicherungen

Die Berechnung des Ausgleichsanspruchs

Hier nun sind die vielzitierten „Grundsätze“ zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs:

 

Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V.

Nr. 16 / 2009

 

Der Ausgleichsanspruch des selbständigen Versicherungs-

und Bausparkaufmanns nach § 89 b HGB und die

 „Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs“

 

Am 1. Dezember 1953 ist das „Änderungsgesetz zum Handelsgesetzbuch (HGB) — Recht der Handelsvertreter“ in Kraft getreten, das als die wohl bedeutsamste Bestimmung für Handels- sowie Versicherungs- und Bausparkassenvertreter den Ausgleichsanspruch (§ 89 b HGB) gebracht hat. Nicht länger mehr konnte ein Unternehmen (Versicherungs- oder Bausparunternehmen*) einem Vertreter (Versicherungs- und Bausparkassenvertreter*) grundlos kündigen und ihm entschädigungslos den von ihm vielleicht in lebenslanger Arbeit aufgebauten Versicherungsbestand oder die von ihm vermittelten Bausparverträge abnehmen.

 

Durch den Ausgleichsanspruch wurde die Situation des Vertreters sowohl finanziell als auch rechtlich entscheidend verbessert. Dieser Anspruch gibt ihm nicht nur einen finanziellen Schutz bei Beendigung des Vertretungsverhältnisses, sondern er schützt ihn auch bis zu einem gewissen Grade vor dem Begehren seines Vertragspartners, Vertragsverschlechterungen zu akzeptieren. Seine Rechts- und damit auch seine Verhandlungsposition ist erheblich stärker geworden. Lehnt er diese Verschlechterungen ab, so hat das Unternehmen nur die Möglichkeit, den Vertretervertrag unter Beachtung der gesetzlichen oder (längeren) vertraglichen  Fristen zu kündigen. Da eine solche Kündigung aber den Ausgleichsanspruch auslösen würde, werden die Unternehmen nicht gerade leichtfertig kündigen, vor allen Dingen natürlich dann nicht, wenn der Vertreter aufgrund seiner erfolgreichen Arbeit einen hohen Ausgleichsanspruch hat.

 

Da § 89 b HGB keine Regeln über die Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs, sondern nur den Höchstanspruch definiert, sind zwischen den Verbänden der Versicherungs- und Bausparwirtschaft und den Vermittlerverbänden BVK und VGA „Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs“ vereinbart worden, nach denen in der Versicherungs- und Bausparwirtschaft die Ausgleichsansprüche generell abgewickelt werden. Sie wurden abgeschlossen für die Sachversicherung, die dynamische Lebensversicherung, die private Krankenversicherung, den Bausparbereich und Finanzdienstleistungen.

 

 

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* In der Folge ist mit Vertreter immer der Versicherungs- und Bausparkassenvertreter, mi

   Unternehmen das Versicherungs- oder Bausparunternehmen und mit Vertrag der Versi-

cherungs- oder Bausparvertrag gemeint.

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Die gesetzlichen Grundlagen

 

Nach § 89 b des Handelsgesetzbuches (HGB) kann der Vertreter von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

 

  1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und

 

  1. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.

 

Diesen Anspruch hat nur der hauptberufliche Vertreter, und zwar gleichgültig, ob er Einfirmenvertreter oder Mehrfachvertreter ist, ob er seine Tätigkeit als Einzelkaufmann oder als Gesellschaft ausübt. Auf einen Vertreter im Nebenberuf ist § 89 b HGB nicht anzuwenden, ebenfalls nicht auf Versicherungsmakler.

 

Ob ein Vertreter nur als Vertreter im Nebenberuf tätig ist, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung (§ 92 b Abs. 3 HGB). Ein für das Unternehmen A hauptberuflich tätiger Vertreter übt auch gegenüber den Unternehmen B, C usw. eine hauptberufliche Tätigkeit aus, und zwar auch dann, wenn er für diese Unternehmen nur in geringem Umfang Verträge vermittelt.

 

Wichtig ist, dass sich ein Unternehmen auf die Nebenberuflichkeit des Vertreters nur berufen kann, wenn es den Vertreter ausdrücklich als Vertreter im Nebenberuf mit der Vermittlung von Verträgen betraut hat (§ 92 b Abs. 2 HGB).

 

Der Ausgleichsanspruch besteht nicht, wenn der Vertreter das Vertragsverhältnis kündigt, ohne dass ein Verhalten des Unternehmens hierzu einen begründeten Anlass gegeben hat. Das gleiche gilt, wenn das Unternehmen den Vertretungsvertrag gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Vertreters vorlag (§ 89 b Abs. 3 HGB).

 

Der Vertreter darf also nicht von sich aus den Vertretungsvertrag kündigen, wenn er nicht den Ausgleichsanspruch verlieren will, es sei denn, das Unternehmen hätte ihm einen begründeten Anlass zur Kündigung gegeben. Ob ein solcher begründeter Anlass vorliegt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Letztlich werden nur die Gerichte darüber entscheiden können, wenn, was wohl die Regel sein dürfte, die Auffassungen des Vertreters und des Unternehmens auseinandergehen. Jedes Verbandsmitglied sollte den Rat des BVK einholen, bevor es sich zu einer Kündigung aus begründetem Anlass entschließt, da dieser Schritt zu erheblichen rechtlichen und finanziellen Nachteilen führen kann.

 

Unschädlich ist eine Beendigung des Vertragsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen. Bietet ein Vertreter seiner Gesellschaft eine derartige Beendigung an, so sollte er gleichzeitig darauf hinweisen, dass er natürlich die Zahlung eines Ausgleichs voraussetzt.

 

Eine Eigenkündigung des Vertreters löst auch dann den Ausgleichsanspruch aus, wenn er seinen Vertretungsvertrag aus Alters- oder Gesundheitsgründen kündigt. Insbesondere bei Gesundheitsgründen empfiehlt sich der Hinweis, dass die Kündigung nur unter der Bedingung, dass auch der Ausgleichsanspruch gezahlt wird, wirksam sein soll. Denn darüber, ob die Gesundheitsgründe ausreichend sind, kann es durchaus unterschiedliche Auffassungen

geben.

 

Oftmals enthalten Vertreterverträge die Klausel, dass das Vertragsverhältnis automatisch beendet wird, wenn der Vertreter das 65. Lebensjahr vollendet. Auch diese Beendigung löst den Ausgleichsanspruch aus. Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, wird auch beim Tode des Versicherungsvertreters ein Ausgleichsanspruch begründet. Nach den „Grundsätzen“ steht dieser Ausgleichsanspruch grundsätzlich nur seiner Witwe und seinen Verwandten in gerader Linie, in Härtefällen auch seinen sonstigen Erben zu. Diese Bestimmung wird dahin interpretiert, dass gegenüber „sonstigen Erben“ der Ausgleichsanspruch in der Regel bei einer durch familiäre Bindungen begründeten wirtschaftlichen Abhängigkeit dieser Erben von dem verstorbenen Vertreter anerkannt werden soll. Über diese Bestimmung der „Grundsätze“ geht der BGH mit seinem Urteil vom 17.11.1983 (I ZR 139/81, KG) hinaus, in dem er feststellte, dass der Ausgleichsanspruch unbeschränkt vererblich ist.

 

Der Anspruch kann nicht im Voraus, d. h. z. B. im Vertretervertrag, ausgeschlossen werden. Während des Bestehens des Vertragsverhältnisses kann der Vertreter nicht auf ihn verzichten, wohl aber nach der Beendigung. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertretervertrages – bei Beendigung im Todesfall also innerhalb eines Jahres nach dem Tode – geltend zu machen. Diese Frist muss unbedingt eingehalten werden, da anderenfalls der Ausgleichsanspruch verwirkt ist! Die Geltendmachung braucht nicht gerichtlich zu erfolgen; es genügt durchaus ein eingeschriebener Brief an das Versicherungs- oder Bausparunter-nehmen. Der Anspruch braucht hierbei nicht der Höhe nach angegeben werden.

 

Das HGB sagt nichts über die Höhe des Ausgleichsanspruchs. § 89 b Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5 bestimmt lediglich, dass der Anspruch höchstens drei nach dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre der Tätigkeit (bei kürzerer Tätigkeit entsprechend) berechnete Jahresprovisionen oder sonstige Jahresvergütungen beträgt. Hierbei sind sämtliche Vergütungen, die der Vertreter bezogen hat, also sowohl Abschluss- als auch Folgeprovisionen (Inkassoprovisionen, Bestandspflegeprovisionen usw.), zu berücksichtigen.

 

Der Ausgleichsanspruch entsteht nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. Das Gesetz sagt nicht ausdrücklich, wann der Anspruch fällig wird. Die Abrechnung über den Anspruch und die Zahlung haben aber unverzüglich, d. h. ohne schuldhafte Verzögerungen, zu erfolgen, wobei den Vertreter eine gewisse Mitwirkungspflicht treffen kann. Erfolgt die Zahlung nicht unverzüglich, so hat der Vertreter einen Zinsanspruch gegen das Versicherungsunternehmen.

 

Ausgleichsanspruch und Altersversorgung

 

Nach § 89 b Abs. 1. Ziff. 3 HGB muss die Zahlung des Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entsprechen. Nach den Grundsatzentscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 23.05.1966 (VII ZR 263/64) und vom 17.11.1983 (I ZR 139/81) können Altersversorgungsleistungen des Unternehmens – nicht hingegen bereits die Anwartschaft auf diese Leistungen, wenn die Leistung selbst z. B. wegen der Kündigung des Vertretervertrages nicht zum Zuge kommt! – aus Billigkeitsgründen auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden. Wird z. B. eine Altersversorgung in Form einer Kapitalversicherung gewährt und sind die Beiträge je zur Hälfte vom Unternehmen und vom Vertreter aufgebracht worden, so kann die halbe Leistung aus der Kapitalversicherung (Versicherungssumme und Dividende) auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden. Hierbei ist allerdings darauf zu achten, dass bei einer Beendigung des Vertragsverhältnisses vor Fälligkeit der Versicherungsleistung der halbe Wert der Kapitalversicherung anzurechnen ist. Liegt der Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses hingegen nach der Fälligkeit der Versicherungsleistung, so wird sich der Vertreter die Anrechnung einer angemessenen Verzinsung der halben Versicherungsleistung gefallen lassen müssen.

 

Abweichend davon hat der BGH am 23.2.1994 (VIII ZR 94/93) entschieden, dass freiwillige Leistungen des Unternehmens für die Altersversorgung des Handelsvertreters mangels entsprechender Vereinbarung jedenfalls dann nicht auf den Ausgleichsanspruch anzurechnen sind, wenn der Versorgungsanspruch erst 21 Jahre nach dem Ende des Handelsvertreterverhältnisses fällig wird.

 

Gegen die auf der Grundlage dieser Urteile in den Versorgungswerken der Unternehmen vereinbarten Klauseln, wonach die Altersversorgung des Unternehmens auf den Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen angerechnet wird, hat sich der BVK mit einer AGB-Klage gegen die Allianz gewandt. Der BGH hat mit Urteil vom 20.11.2002 (VIII ZR 146/01) entschieden, dass der pauschale Abzug der Versorgungsleistungen vom Ausgleichsanspruch

ohne Prüfung der Billigkeit unzulässig ist. In Zukunft muss also in jedem Einzelfall eine Billigkeitsprüfung vorgenommen werden. Sofern die Auffassungen der beteiligten Parteien darüber auseinandergehen, sind wiederum die Gerichte gefragt.

 

In einer vom BVK unterstützten Einzelfallentscheidung hat der BGH ebenfalls am 20.11.2002

(VIII ZR 211/01) den vollen Abzug der Versorgung vom Ausgleichsanspruch für billig erklärt, obwohl die Anrechnungsklausel AGB-rechtlich unzulässig ist. Der BVK wird sich mit dieser Entscheidung natürlich nicht zufrieden geben.

 

Steuerliche Behandlung des Ausgleichsanspruchs

 

Der Ausgleichsanspruch ist stets in dem Jahr, in der er entstanden ist, in voller Höhe zu versteuern. Bei Einnahmen-Überschussrechnern ist der Zeitpunkt des Zuflusses maßgeblich. Wird also der Agenturvertrag zum 31.12. eines Jahres beendet und der Ausgleichsanspruch erst im folgenden Jahr ausgezahlt, muss er auch erst im Folgejahr versteuert werden. Das gilt nicht, wenn mit der Beendigung des Vertretervertrages das Geschäft aufgegeben wird. Dann muss eine Schlussbilanz für das Jahr erstellt werden, in dem der Vertretervertrag endete. Der Ausgleichsanspruch unterliegt sowohl der Einkommen- als auch der Gewerbesteuer.

 

Bei der Einkommensteuer findet eine Begünstigung Anwendung. Nach § 34 Abs. 1 in Verbindung mit § 24 Ziffer 1 c des Einkommensteuergesetzes beträgt auf Antrag die auf die Ausgleichszahlung anzusetzende Einkommensteuer das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte. Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so gilt als außerordentliche Einkünfte das positive zu versteuernde Einkommen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes unterliegt die Ausgleichszahlung als letzter Geschäftsvorfall in voller Höhe der Gewerbesteuer, ohne dass irgendeine Ermäßigung oder sonstige Begünstigung Anwendung findet. Nur einmal ist der Bundesfinanzhof von dieser starren Haltung abgewichen, und zwar im Todesfalle des Vertreters, der allerdings nicht bilanziert hat.

 

Die Auffassung des Bundesfinanzhofes ist umstritten, sowohl in der Literatur als auch bei verschiedenen Finanzgerichten. Gegen die Entscheidung des BFH (VIII R 184/78) wurde Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht (2 BvR 1450180) eingelegt. Diese wurde jedoch als unbegründet abgewiesen, so dass der Ausgleichsanspruch nach wie vor der Gewerbesteuer unterliegt.

 

Der Ausgleichsanspruch unterliegt nicht der Umsatzsteuer. Diese Ausführungen gelten auch für den Ausgleichsanspruch bei Teilbestandsabgabe.

 

Diese Tarifbegünstigung kommt u.U. nicht zum Zuge, wenn der Ausgleichsanspruch nicht vom Versicherungsunternehmen, sondern vom Agenturnachfolger gezahlt wird.

 

Ausgleichsanspruch und IHK-Beitrag

 

Ausgleichzahlungen nach § 89 b HGB gehören selbst dann zum Gewerbeertrag, wenn die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Aufgabe des Betriebes zusammenfällt. Wegen der durch die Ausgleichszahlung bedingten Kumulation von Aufgabeerträgen und laufendem Ertrag kann es bei der Bemessung der IHK-Beiträge zu einer Unbilligkeit kommen.

 

Der Ausgleichsanspruch, der als letzter Geschäftsvorfall eines Gewerbetreibenden der Gewerbesteuer unterliegt, führt für einen in Ruhestand gegangenen selbständigen Versicherungs- oder Bausparkaufmann für das zurückliegende Jahr zu einem erheblich erhöhten IHK-Beitrag, obwohl er zum 31.12. seinen Gewerbebetrieb abgemeldet hat. Die DIHT (jetzt DIHK) vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass jede Kammer die Prüfung eines Erlasses in eigener Verantwortung vorzunehmen habe und dass pauschale und die Kammern bindende Vorgaben durch den DIHT grundsätzlich nicht möglich seien. Aus Sicht des DIHT kann es sich aber in Fällen, in denen die Beendigung des Vertragsverhältnisses eines Handelsvertreters mit der Aufgabe des Betriebes zusammenfällt, um Härtefälle handeln, die im Wege des Teilerlasses regelbar sind. Der DIHT wird darum bemüht sein, in diesen Fällen auf eine möglichst einheitliche und sachgerechte Verfahrensweise hinzuweisen. (DIHT Inforundschreiben vom 13.7.1995).

 

 

 

 

Einzelaspekte zu den „Grundsätzen“ in der Sachversicherung

 

Nach herrschender Auffassung enthalten die Folgeprovisionen in der Sachversicherung, unabhängig von ihrer Bezeichnung1, Vermittlungsfolgeprovisionen, also Abschlussfolgeprovisionen, auf die der Vertreter neben der Abschlussprovision des ersten Jahres einen Anspruch hat. Sie allein sind nach der Auffassung des Bundesgerichtshofes ausgleichspflichtig.

Um zu vermeiden, dass wegen jeden Ausgleichsanspruchs eines Versicherungsvertreters ein Prozess geführt werden muss, bei dem es in erster Linie immer nur um die Frage gehen würde, wie die Folgeprovisionen in der Sachversicherung – hierzu rechnen auch die HUK-, Rechtsschutz-, Transport- und ähnliche Versicherungen – in Vermittlungs- und Verwaltungsprovisionen aufzuteilen sind, haben sich vernünftigerweise der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft und die Verbände der Versicherungsvertreter zusammengesetzt, um gemeinsam nach einer Lösung dieses Problems zu suchen. Das Ergebnis waren die „Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs“, die zunächst nur für die Sachsparten vereinbart wurden.

 

Diese „Grundsätze Sach“, die wie die Präambel betont, „in dem Bemühen um gegenseitige Verständigung und ausgehend von vorwiegend wirtschaftlichen Erwägungen erarbeitet“ wurden, „um die Höhe des nach Auffassung der beteiligten Kreise angemessenen Ausgleichs global zu errechnen“, werden seit 1958 erfolgreich praktiziert. Sie haben sich zweifellos bewährt. Vertreter und Unternehmen sind von einer Flut von Prozessen verschont geblieben.

 

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1 In einem Schreiben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft vom 14.9.1993 an den BVK heißt es hierzu: „Richtig ist, dass die „Folgeprovision“ in der Schadenversicherung grundsätzlich auch einen Teil Abschlussprovision beinhaltet. Die verwendeten Begriffe wie z.B. „Bestandspflege- bzw. Betreuungsprovision“ sind mithin – auch aus unserer Sicht – grundsätzlich im Sinne von „Folgeprovision“ zu verstehen. Die anderweitige Bezeichnung der Folgeprovision hat demnach auch keinerlei Auswirkungen auf die Feststellung des Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB i.V.m. den zur Berechnung heranzuziehenden „Grundsätzen zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs (§ 89 b HGB)“.

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Beispiel: Für die verschiedenen Sparten ergeben sich bei einer Tätigkeitsdauer von mehr als 20 Jahren (Höchstanspruch) folgende Ausgleichsansprüche.

 

Sach-, Haftpflicht-, Unfall- und Rechtsschutzversicherung:

3 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen

 

Industrie-Feuer-, Maschinen-, Groß-BU- und Fahrradverkehrsversicherung:

2,1 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen

 

Transportversicherung:

1,5 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen

 

Verkehrsserviceversicherung:

1,5 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen

 

Vertrauensschadenversicherung:

3 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen 2

 

Kautionsversicherung:

2,4 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen 2

 

Kraftfahrtversicherung:

½ durchschnittliche Jahresbruttoprovision (Höchstanspruch bereits nach 10 Jahren.

 

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2  Berechnungsbasis sind die während der letzten drei Tätigkeitsjahre des Vertreters ratierlich gezahlten Provisionen für abgerufene Bürgschaften.

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Zusätzlich zum selbst vermittelten Bestand wird ein übertragener Bestand berücksichtigt, und zwar in Abhängigkeit davon, wann der Bestand übertragen wurde und ob er in den letzten fünf Jahren der Tätigkeit noch vorhanden war. Einzelaspekte zu den „Grundsätzen“ in der Lebensversicherung

 

Einzelaspekte zu den „Grundsätzen“ in der Lebensversicherungen

 

Die Grundsätze Leben gelten nur für dynamische Lebensversicherungen (Anpassungsversicherungen, Angestellten-Befreiungsversicherungen), d. h. für Lebensversicherungen, „deren Versicherungsbedingungen ein Anwachsen von Beitrag und Leistung in regelmäßigen Zeitabständen von Anbeginn oder aufgrund einer späteren, vom Vertreter bewirkten Vereinbarung vorsehen, soweit der Vertreter diese Versicherungen selbst vermittelt hat und diese Versicherungen bei der Beendigung des Vertretervertrages die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllen und zum letzten Erhöhungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind. Sie gelten aber nicht für dynamische Gruppenversicherungen, Gruppenversicherungen mit Andienungspflicht und dynamische Risikoversicherungen. Bei diesen Versicherungen muss weiterhin eine individuelle Regelung des Ausgleichsanspruchs zwischen dem Vertreter und seinem Unternehmen getroffen werden, wobei die Gutachterstelle (vgl. Ziffer VI der „Grundsätze Leben“) angerufen werden kann.

 

Im Gegensatz zu den „Grundsätzen Sach“, bei denen der Ausgleichsanspruch aus den Folgeprovisionen errechnet wird, sind bei den „Grundsätzen Leben“ die addierten Versicherungssummen der vom Vertreter vermittelten dynamischen Lebensversicherungen einschließlich der bis zur Beendigung des Vertretervertrages erfolgten Dynamisierungen Berechnungsgrundlage.

 

Beispiel: Bei einer Versicherungssumme von 1 Mio. Euro ergibt sich bei einem Provisionssatz von 25 ‰ und einer Tätigkeit von mehr als 19 Jahren ein Ausgleichsanspruch von 3000 Euro.

 

Einzelaspekte zu den „Grundsätzen“ in der Krankenversicherung

 

Im Hinblick darauf, dass die Folgeprovisionen in der Krankenversicherung in der Regel nicht ausgleichspflichtig sind, beruht die Berechnung des Ausgleichsanspruchs in der Krankenversicherung nicht wie bei den „Grundsätzen Sach“ auf der Folgeprovision, sondern da in Übereinstimmung mit dem BGH-Urteil vom 23.2.19613 nur Aufstockungsfälle zu berücksichtigen sind, auf der selbstvermittelten durchschnittlichen Gesamtjahresproduktion.

 

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3 „VersVerm“ 1961, S. 57

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Ein  Aufstockungsfall „ist die unter Einschaltung eines Vermittlers erfolgende Erhöhung des für eine Person und das gleiche Risiko bestehenden Versicherungsschutzes, die über die Wiederherstellung des bisherigen Verhältnisses zwischen den gestiegenen Heilbehandlungskosten und den Versicherungsleistungen bzw. zwischen dem durchschnittlichen Entgelt und dem Krankentagegeld hinausgeht.“

 

Zur Errechnung der Ausgleichszahlung wird von der durchschnittlichen selbst vermittelten Gesamtjahresproduktion in Monatsbeiträgen ausgegangen, wobei die letzten fünf Jahre zugrunde gelegt werden.

 

Beispiel: Bei einer durchschnittlichen Gesamtjahresproduktion in den letzten fünf Jahren von 12.000 Euro (pro Monat also 1.000 Euro) und einem Provisionssatz von fünf Monatsbeiträgen für Bestandsgeschäft beträgt der Ausgleichsanspruch nach einer mehr als 15-jährigen Tätigkeit 19.200 Euro (Höchstanspruch).

 

Einzelaspekte zu den „Grundsätzen“ im Bausparbereich

 

Nach langen Verhandlungen und einer eingehenden Diskussion der mit der Ausgleichsberechnung verbundenen Probleme haben der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), der Verband der Privaten Bausparkassen e. V. und die Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkassen eine Vereinbarung über die Berechnung von Ausgleichsansprüchen getroffen und am 27.8.1984 unterzeichnet.

 

Die aus Rechtsprechung und Praxis hinlänglich bekannten technischen und rechtlichen Probleme bei der Ermittlung des ausgleichspflichtigen Folgegeschäftes haben den BVK veranlasst, die Berücksichtigung eines pauschalen Durchschnittswertes anzustreben und schließlich zu vereinbaren. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass aus den üblicherweise statistisch messbaren individuellen Folgevertrags-anteilen nicht ohne weiteres auf die Angemessenheit des Pauschalwertes geschlossen werden kann. Der Pauschalwert beinhaltet nämlich in Verbindung mit der auf die Betriebszugehörigkeit abgestellten Multiplikatorenstaffel die einvernehmliches Lösungen einer ganzen Reihe rechtlicher und tatsächlicher Probleme. So ist hier z. B. insbesondere berücksichtigt, dass der ausgleichsfähige Folgevertragsanteil, bei dem der ausscheidende Bausparkassenvertreter auch den Erstvertrag selbst vermittelt hatte, bei kürzeren Betriebszugehörigkeiten sich sehr deutlich von dem allgemein statistisch messbaren Folgevertragsanteil unterscheidet. Erst mit zunehmender Betriebszugehörigkeit ist ein Ansteigen dieses „echten Folgevertragsanteils“ anzunehmen, wobei die konkrete Messbarkeit derzeit nicht gegeben ist, so dass nur ein Ausweichen auf einen Pauschalwert in Betracht kam.

 

Das Abkommen erfasst nicht evtl. auszugleichende Provisionsverluste aus anderen, für das Unternehmen getätigten Vermittlungen, z. B. Immobilien, Darlehen, Hypotheken, Kredite, die gegebenenfalls auch einen Ausgleichsanspruch begründen können, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 89 b HGB erfüllt sind. Dabei ist insbesondere die Frage zu klären, ob nach Vertragsbeendigung mit Wiederkehrgeschäften aus solchen Vermittlungen gerechnet werden kann. Grundlage für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs im Bausparbereich ist die durchschnittliche Jahresprovision der letzten vier Jahre aus dem eingelösten Geschäft abzüglich etwa vereinbarter Verwaltungsprovisionen und abzüglich etwa nicht verdienter Einarbeitungsprovisionen bzw. Garantieprovisionen.

 

Beispiel: Bei einer hauptberuflichen Tätigkeit von mehr als 19 Jahren für das ausgleichsverpflichtete Unternehmen beträgt der Ausgleichsanspruch 101,25 % einer durchschnittlichen Jahres-Vermittlungsprovision.

 

 

Einzelaspekte zu den „Grundsätzen“ im Finanzdienstleistungsbereich

 

Das Abkommen, das nach einem schwierigen und langen Verhandlungsweg abgeschlossen werden konnte, lehnt sich im inneren Aufbau eng an die bewährten „Grundsätze Bausparen“ an.

 

Ein besonders wichtiger Punkt des Abkommens ist hervorzuheben: Als Ausgangspunkt der Berechnung sind die tatsächlich bezogenen Provisionen aus allen Finanzdienstleistungsgeschäften des Vertreters zugrunde zu legen; es gibt also keinerlei Produktselektion. Erfasst werden unterschiedslos schon im Vertrieb befindliche und neu aufzulegende Produkte.

 

Grundlage für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs im Finanzdienstleistungsbereich ist die durchschnittliche Jahresprovision der letzten vier Jahre aus dem eingelösten Geschäft abzüglich etwa vereinbarter Verwaltungsprovisionen und abzüglich etwa nicht verdienter Einarbeitungsprovisionen bzw. Garantieprovisionen.

 

Beispiel: Bei einer hauptberuflichen Tätigkeit von mehr als 19 Jahren für das ausgleichsverpflichtete Unternehmen beträgt der Ausgleichsanspruch 60,25 % einer durchschnittlichen Jahresprovision.

 

 

 

Der Wortlaut der „Grundsätze“

(redaktionelle Änderungen und nachträglich getroffene Vereinbarungen sind eingearbeitet)

Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs (§ 89 b HGB)

(„Grundsätze Sach“)

 

Nachdem das Handelsvertretergesetz keine konkrete Bestimmung über die Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs enthält, haben der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft e. V., Köln und Berlin, der Bundesverband der Geschäftsstellenleiter der Assekuranz e.V. (VGA), Köln, der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK), Bonn, und der Verband der Versicherungs-Kaufleute (VVK) e. V.4, Hamburg, in dem Bemühen um gegenseitige Verständigung und ausgehend von vorwiegend wirtschaftlichen Erwägungen Grundsätze erarbeitet, um die Höhe des nach Auffassung der beteiligten Kreise angemessenen Ausgleichs global zu errechnen.

 

Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft, der Bundesverband der Geschäftsstellenleiter der Assekuranz, der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute und der Verband der Versicherungs-Kaufleute empfehlen ihren Mitgliedern, Ausgleichsansprüche auf der nachstehenden Grundlage abzuwickeln.

 

Vor Anwendung dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung eines Ausgleichsanspruchs vorliegen. Der Ausgleichsanspruch kann von einem hauptberuflichen Vertreter oder von dessen Erben (Ziffer IV.) erhoben werden, und zwar im Falle der Kündigung des Vertragsverhältnisses (mit Ausnahme der Fälle des § 89 b Abs. 3 HGB), der vertraglichen Beendigung oder einvernehmlichen Aufhebung des Vertragsverhältnisses aus Altersgründen5 oder aus Gründen der dauernden Invalidität6 oder des Todes des Vertreters, sofern auf Seiten des Vertreters Provisionsverluste entstanden sind (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 2 HGB). Dagegen bedarf es zunächst einer Prüfung der Frage nicht, ob das Versicherungsunternehmen auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 1 HGB) oder ob die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB), weil die Grundsätze für den Normalfall davon ausgehen, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Sofern jedoch ein Versicherungsunternehmen in dem einen oder anderen Fall der Überzeugung ist, dass erhebliche Vorteile nicht vorhanden sind oder die Zahlung eines Ausgleichs unbillig ist, besteht die Möglichkeit, die Gutachterstelle anzurufen (Ziffer VI.).

 

 

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4 Der VVK hat sich 1970 mit dem BVK zusammengeschlossen.

 

5 Im Allgemeinen bei Erreichung des 65. Lebensjahres anzuerkennen. Inzwischen auch in

§ 89 b Abs. 3 HGB geregelt.

 

6 Invalidität ist gegeben, wenn die Arbeitsfähigkeit als Versicherungsvertreter auf weniger als die Hälfte einer körperlich und geistig gesunden Person von ähnlicher Ausbildung und gleichartigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.

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I. Ausgleichswert

 

1. Zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs wird von einem sog. Ausgleichswert

ausgegangen. Dieser wird folgendermaßen ermittelt:

 

a)  Zunächst ist die nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Vertreters oder – bei kürzerer Vertragsdauer – nach dem Durchschnitt der gesamten Dauer der Tätigkeit des Vertreters zu berechnende Brutto-Jahresprovision des vom Vertreters aufgebauten Versicherungsbestandes festzustellen.

 

b) Bei einer Berechnung nach a) sind nicht zu berücksichtigen:

 

aa)  Abschlussprovisionen (= erstjährige Provisionen abzüglich der Inkassoprovisionen), ausgenommen die Abschlussprovisionen für Versicherungen mit gleichbleibenden laufenden Provisionen; die Regelung des § 87 Abs. 3 HGB bleibt hiervon unberührt;

 

bb)  Provisionen für Versicherungsverträge mit unterjähriger Laufzeit sowie die ein

jährige Versicherungsverträge ohne Verlängerungsklausel, es sei denn, dass

letztere mindestens dreimal hintereinander verlängert worden sind;

 

cc)   an Untervertreter abzugebende Provisionen, wenn und soweit die Untervertreter auf das ausgleichspflichtige Versicherungsunternehmen reversiert sind7;

 

dd)  Überweisungs- und Führungsprovisionen aus Beteiligungsgeschäften sowie

Maklercourtagen.

 

 

2.   Provisionen aus übertragenen Versicherungsbeständen werden, wenn die Bestands-

übetragung

 

vor mehr als 10 Jahren erfolgt ist, mit 33 1/3 %,

 

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7 Ist der Ausgleichsanspruch eines solchen Untervertreters durch das Versicherungsunternehmen befriedigt worden, so hat das Unternehmen das Recht, über diesen Bestand ohne Kürzung der bisherigen Provisions-spitze des Generalagenten anderweitig zu verfügen.

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vor mehr als 15 Jahren erfolgt ist, mit 66 2/3 %,

 

vor mehr als 20 Jahren erfolgt ist, mit 100 %

 

berücksichtigt.

 

Bei Kraftverkehrsversicherungen findet eine

volle Anrechnung schon nach 10 Jahren statt.

 

3. Von der nach 1. und 2. ermittelten Jahresprovision

sind

 

in der Sach-, Haftpflicht-, Unfall- und Rentenschutzversicherung                               50 %

 

In der Industrie-Feuer-, Maschinen-, Groß-BU- und Fahrradverkehrsversicherung   35 %

 

in der Kraftverkehrsversicherung                                                                                          25 %

 

in der Transportversicherung einschließlich Nebenzweigen und in der                     25 %

Einheitsversicherung

 

in der Verkehrsserviceversicherung 8                                                                            25 %

 

in der Vertrauensschadenversicherung 9                                                                             50 %

 

in der Kautionsversicherung 10                                                                                      40 %

 

in Ansatz zu bringen.

 

4. Zuschüsse und sonstige zusätzliche Vergütungen des Versicherungsunternehmens (wie z. B. Bürozuschüsse, Ersatz von Porti, Telefon- und Reklameaufwendungen) werden bei der Errechnung des Ausgleichswertes nicht berücksichtigt.

 

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8  Der Ausgleichsanspruch für die Verkehrsserviceversicherung ist in den „Grundsätzen Sach“ nicht geregelt. Er wurde gemäß Schreiben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft vom 19.11.1985 (86/85) vereinbart.

 

9  Der Ausgleichsanspruch für die Vertrauensschaden- und die Kautionsversicherung ist in

den „Grundsätzen Sach“ nicht geregelt. Er wurde gemäß Schreiben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft vom 13.11.1990 (48 i – 1) vereinbart.

 

10  (Berechnungsbasis sind abweichend von 1. a) die während der letzten drei Tätigkeitsjahre des Vertreters ratierlich gezahlten Provisionen für abgerufene Bürgschaften)

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II. Multiplikatoren

 

Der nach I. errechnete Ausgleichswert ist je nach der Dauer der hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit des Vertreters für das Versicherungsunter-nehmen nach folgender Staffel zu multiplizieren:

 

1. In der Sach- (einschl. Industrie-Feuer-, Maschinen-, Groß-BU- und Fahrradverkehrs-Versicherung), Unfall-, Haftpflicht-, Rechtsschutz- und Verkehrsserviceversicherung 8

 

a)     im Todesfall des Vertreters bei einer Tätigkeit:

bis zu einschl. 4 Jahren mit                                      1,

 

vom beginnenden 5. Jahr bis zu 9 Jahren mit       1 ½,

 

vom beginnenden10. Jahr bis zu 14 Jahren mit     2,

 

vom beginnenden 15. Jahr bis zu 19 Jahren mit    3,

 

ab beginnendem 20. Jahr mit                                   4.

 

Laut Schreiben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft vom 6.4.1995 sind GDV und BVK gemeinsam der Auffassung, dass es sachlich gerechtfertigt ist, wenn beim Tod des Vertreters bzw. im Erbfall bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs die Multiplikatoren für den Erlebensfall zu Grunde gelegt werden.

 

b) im Erlebensfall des Vertreters wird der für den Todesfall vorgesehene Multiplikator durch eine „Treueprämie“ wie folgt erhöht bei einer Tätigkeit:

 

vom beginnenden 5. Jahr bis zu 9 Jahren um         ½,

 

vom beginnenden 10. Jahr bis zu 14 Jahren um     1,

 

vom beginnenden 15. Jahr bis zu 19 Jahren um     1 ½,

 

ab beginnendem 20. Jahr um                                  2.

 

Im Erlebensfall des Vertreters gilt hiernach folgende Staffel bei einer Tätigkeit:

 

bis zu einschl. 4 Jahren                                            1,

 

vom beginnenden 5. Jahr bis zu 9 Jahren               1 ½ + ½ = 2,

 

vom beginnenden 10. Jahr bis zu 14 Jahren                       2 + 1 = 3,

 

vom beginnenden 15. Jahr bis zu 19 Jahren                       3 + 1 ½ = 4 ½,

 

ab beginnendem 20. Jahr                                         4 + 2 = 6.

 

2. In der Kraftverkehrsversicherung bei einer Tätigkeit

 

bis zu einschl. 5 Jahren mit                                      1,

 

vom beginnenden 6. Jahr bis zu 10 Jahren mit      1 ½,

 

ab beginnendem 11. Jahr mit                                  2.

 

 

3. In der Kraftverkehrsversicherung beträgt der Ausgleichsanspruch bei einer Tätigkeit bis zu 5 Jahren höchstens 2/8, bei einer Tätigkeit vom beginnenden 6. Jahr bis zu 10 Jahren höchstens 3/8 und bei einer Tätigkeit ab beginnendem 11. Jahr höchstens 4/8 der gesetzlich zulässigerweise tatsächlich gezahlten Provisionen aus den Versicherungsbeiträgen (im Sinne des § 30 Abs. 1, § 3 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Tarifverordnung vom 20.11.1967) des letzten Jahres.

 

Hierbei bleiben zusätzliche Verwaltungsentgelte im Sinne des § 30 Abs. 4 der Tarifordnung in jedem Falle unberücksichtigt; zusätzliche Verwaltungsentgelte im Sinne des § 30 Abs. 2 und 3 der Tarifverordnung werden nur bei bevollmächtigten Generalagenten11 berücksichtigt.

 

4. In der Transportversicherung einschl. Nebenzweigen und in der Einheitsversicherung bei einer Tätigkeit:

 

bis zu einschl. 5 Jahren mit                                             1,

 

vom beginnenden 6. Jahr bis zu 10 Jahren mit              1½,

 

ab beginnendem 11. Jahr mit                                         2.

 

 

III. Begrenzung des Ausgleichsanspruchs

 

Die Höhe des Ausgleichsanspruchs darf insgesamt drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen nicht übersteigen (§ 89 b Abs. 5 HGB).

 

IV. Anspruchsberechtigte Erben

 

Beim Tod des Vertreters steht der Ausgleichsanspruch grundsätzlich nur seiner Witwe und seinen Verwandten in gerader Linie, in Härtefällen auch seinen sonstigen Erben zu.

 

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11 Als bevollmächtigter Generalagent wird angesehen, wer als selbständiger Versicherungsvertreter im Sinne von §§ 84 ff. HGB mit Befugnissen gemäß § 45 VVG in einem unmittelbaren Vertragsverhältnis zu dem Versicherungsunternehmen steht, neben der ihm obliegenden Vermittlungstätigkeit eine Tätigkeit ausübt, die in Art und Umfang der einer vergleichbaren unternehmenseigenen Direktionsverwaltungsgeschäftsstelle entspricht, und außerdem auf ihn selbst oder das Versicherungsunter-nehmen verpflichteten Vertretern vorsteht. Ebenso wird behandelt, wer als selbständiger Versicherungsvertreter im Sinne von §§ 84 ff. HGB mit Befugnissen gemäß § 45 VVG in einem unmittelbaren Vertragsverhältnis zu dem Versicherungsunternehmen steht und neben der ihm obliegenden Vermittlungstätigkeit eine Tätigkeit ausübt, die in Art und Umfang der einer vergleichbaren unternehmenseigenen Direktionsverwaltungsstelle entspricht.

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V. Berücksichtigung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung

 

1. Da nach Auffassung der Beteiligten ein Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen (§ 89 b

Abs. 1 Ziffer 3 HGB) insoweit nicht entsteht, wie der Vertreter Leistungen aus einer durch Beiträge des Versicherungsunternehmens aufgebauten Alters- und Hinterbliebenenversorgung erhalten oder zu erwarten hat, ist von der nach I. und II. errechneten Höhe des Ausgleichsanspruchs bei einer Rentenversicherung der kapitalisierte Barwert der Rente der Anspruchsberechtigten, bei einer Kapitalversorgung deren Kapitalwert und bei fixierten Provisionsrenten (früher auch als Nachinkassoprovisionen oder Nachprovisionen bezeichnet) der kapitalisierte Barwert der zugesagten Provisionsrenten abzuziehen.

 

2. Ist die Dauer der Provisionsrente von dem Fortbestehen der vom Vertreter bei Beendigung des Vertretervertrages verwalteten Versicherungsverträge abhängig, so wird aus dem in Ziffer 1. genannten Grund bei Beendigung des Vertretervertrages der Ausgleichsanspruch vorläufig so errechnet, als ob dem Vertreter keine Provisionsrente zugesagt worden wäre. Der Vertreter stundet den derart errechneten fiktiven Ausgleichsanspruch bis zum völligen Auslaufen der Provisionsrente oder bis zu dem Zeitpunkt, in dem er auf die Weiterzahlung der Provisionsrente in rechtsgültiger Weise endgültig verzichtet. Alsdann wird die Gesamthöhe der bis zu diesem Zeitpunkt gezahlten Provisionsrenten von dem errechneten fiktiven Ausgleichsanspruch abgezogen und auf diese Weise festgestellt, ob und inwieweit im Zeitpunkt der Beendigung des Vertretervertrages ein Ausgleichsanspruch trotz des Anspruchs auf Provisionsrente tatsächlich entstanden ist. Gegebenenfalls ist dieser Ausgleichsanspruch sofort fällig.

 

 

VI. Gutachterstelle

 

Sind in einem Einzelfall bei einem Versicherungsunternehmen oder bei einem Vertreter besondere Umstände gegeben, die nach Auffassung eines der Betroffenen eine andere Regelung zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs gerechtfertigt erscheinen lassen, so kann jede der Parteien zur Herbeiführung einer den Umständen des Einzelfalles gerecht werdenden Regelung die bei dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft bestehende, aus Vertretern des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft einerseits, des Bundesverbandes Deutscher Geschäftsstellenleiter der Assekuranz, des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute und des Verbandes der Versicherungs-Kaufleute andererseits paritätisch zusammengesetzte Gutachterstelle in Anspruch nehmen. Das gleiche gilt für Härtefälle gem. Ziffer IV.

 

Die Gutachterstelle wird nur tätig, wenn beide Parteien ihrer Inanspruchnahme zustimmen.

 

Die Gutachterstelle arbeitet unter Vorsitz eines von den Gutachtern einstimmig bestimmten Vorsitzers, der nicht dem Kreis der Gutachter angehört.

 

 

VII. Ausspannung von Versicherungsverträgen

 

Da bei der Befriedigung des Ausgleichsanspruchs davon ausgegangen wird, dass der wirtschaftliche Vorteil des ausgeglichenen Bestandes dem Versicherungsunternehmen verbleibt, wird vorausgesetzt, dass der Vertreter keine Bemühungen anstellt oder unterstützt, die zu einer Schmälerung des Bestandes führen, für den er einen Ausgleich erhalten hat.

 

VIII. Lebens- und Krankenversicherung

 

Diese Grundsätze gelten nicht für die Lebens- und Krankenversicherung.

 

IX. Transportversicherung

 

In der Transportversicherung einschließlich Nebenzweigen und in der Einheitsversicherung sind die Grundsätze nur gegenüber ausschließlich auf ein Versicherungsunternehmen reversierten Vertretern anzuwenden.

 

Durch diese globale Regelung wird die von den beteiligten Verbänden vertretene Rechtsauffassung über die Natur und die Auswirkungen des Ausgleichsanspruchs nicht berührt.

 

 

 

Bundesverband der Geschäftsstellenleiter

der Assekuranz e.V. (VGA)

 

Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute

e.V. (BVK)

Verband der Versicherungs-Kaufleute (VVK) e.V.

 

 

Schreiben des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft vom 14.11.1972 an die

Vorstände der Mitgliedsunternehmen und Mitgliedsverbände

 

„Wie Ihnen bekannt ist (vgl. unsere Geschäftsberichte 1970/71, S. 82, 1971/72, S. 73), sind mit dem VGA und dem BVK als den beiden Vermittlerverbänden, die mit uns gemeinsam die „Grundsätze“ tragen und zur Anwendung empfehlen, vor einiger Zeit neue Gespräche darüber aufgenommen worden, ob die „Grundsätze“ im Hinblick auf die bei ihrer Anwendung gesammelten Erfahrungen oder wegen veränderter Verhältnisse in dem einen oder anderen Punkt etwa verbesserungsbedürftig sind. Diese Gespräche haben inzwischen zwar zu der übereinstimmenden Feststellung geführt, dass jede Änderung des Wortlautes der „Grundsätze“ unter den gegenwärtigen Umständen unzweckmäßig wäre und deshalb auch vermieden werden soll. Andererseits erscheint es den beteiligten Verbänden nach Prüfung von Einzelfragen doch ratsam, dass wir unseren Mitgliedsunternehmen in Ergänzung entsprechender Verlautbarungen zur Praktizierung der „Grundsätze“ hiermit die folgenden Hinweise und Empfehlungen geben:

 

1. Anwendung der Multiplikatoren unter II. 1. bei einer kürzeren Tätigkeitsdauer des

    Vertreters

 

Da die Erfahrung gezeigt hat, dass die Anwendung der Multiplikatoren unter II. 1. (also in der Sach-, Unfall-, Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung) bei einer kürzeren Tätigkeitsdauer des Vertreters in außergewöhnlich gelagerten Einzelfällen mitunter zu unbefriedigenden Ergebnissen führt, wird empfohlen, hier ggfs. im Sinne, jedoch zur Vermeidung einer Festsetzung der Höhe des Ausgleichs durch die Gutachterstelle (Ziffer VI. der „Grundsätze“) stets zu prüfen, ob

 

a) in der ersten Stufe (also bei einer Tätigkeitsdauer bis zu einschließlich 4 Jahren) sowohl im Todes- als auch im Erlebensfall nicht eine Erhöhung des Multiplikators bis auf 1 ½

 

und

 

b) in der zweiten Stufe (also bei einer Tätigkeitsdauer vom beginnenden 5. Jahr bis zu neun Jahren) auch im Todesfall nicht eine Erhöhung des Multiplikators bis auf 2zugestanden werden kann und zugestanden werden sollte.

 

2. Abweichende Berechnungsweise des Ausgleichswertes gemäß I. 1. a) bei einer

Tätigkeitsdauer bis zu 5 Jahren

 

Bei einer kurzfristigen Tätigkeit des ausgleichsberechtigten Vertreters bis zu 5 Jahren kann es unter Berücksichtigung der konkreten Gesamtumstände von Fall zu Fall gerechtfertigt sein, bei der Berechnung des Ausgleichswertes nach der Vorschrift unter I. 1. a) das erste Tätigkeitsjahr unberücksichtigt zu lassen, um eine unangemessen negative Beeinflussung der durchschnittlichen Brutto-Jahresprovision durch eine erheblich niedrigere Provisionseinnahme des Vertreters in der Anlaufzeit zu vermeiden.

 

 

 

3. Mitberücksichtigung einer Tätigkeit als Angestellter im Versicherungsaußendienst bei Anwendung der Multiplikatorenstaffeln (II. 1. – 3.)

 

Bei einer Errechnung der Höhe eines Ausgleichsanspruchs dürfte es in der Regel gerechtfertigt sein, eine Tätigkeit des Vertreters für das ausgleichsverpflichtete Unternehmen als Angestellter im Versicherungsaußendienst bei Anwendung der Multiplikatorenstaffeln unter II. mit zu berücksichtigen, allerdings unbeschadet der – bei gegebener Veranlassung klarzustellen – Rechtslage, nach der eine Tätigkeit als Angestellter einen Ausgleichsanspruch an sich weder begründen noch seiner Höhe nach beeinflussen kann.

 

Demgegenüber muss die Zeit der etwaigen nebenberuflichen Tätigkeit des Vertreters für das ausgleichsverpflichtete Unternehmen bei einer Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs entsprechend der Rechtslage grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, was in außergewöhnlichen Umständen begründete Einzelentscheidungen eines Unternehmens in einem anderen Sinne allerdings nicht völlig auszuschließen braucht.

 

Wir bitten um Kenntnisnahme und Beachtung. Zur Klärung von Zweifelsfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Im Übrigen möchten wir bei dieser Gelegenheit auch unsere allgemeine Bitte wiederholen, uns über alle etwaige Meinungsverschiedenheiten und Schwierigkeiten, die sich bei der Anwendung der „Grundsätze“ ergeben, jeweils von Anfang an unterrichtet zu halten und unsere guten Dienste zur Bereinigung solcher Fälle in Anspruch zu nehmen.

 

Wir behalten uns vor, uns später zu weiteren Fragen zur Praktizierung der „Grundsätze“ von allgemeinem Interesse zu äußern.“

 

 

Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs (§ 89 b HGB)

 für dynamische Lebensversicherungen

 

Nachdem das Handelsvertretergesetz keine konkrete Bestimmung über die Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs enthält, haben der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft e. V. Köln und Berlin, der Bundesverband der Geschäftsstellenleiter der Assekuranz e. V. (VGA), Köln, und der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK), Bonn, in dem Bemühen um gegenseitige Verständigung und ausgehend von vorwiegend wirtschaftlichen Erwägungen Grundsätze erarbeitet, um die Höhe des nach Auffassung der beteiligten Kreise angemessenen Ausgleichs global zu errechnen.

 

Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft, der Bundesverband der Geschäftsstellenleiter der Assekuranz und der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute empfehlen ihren Mitgliedern, Ausgleichsansprüche auf der nachstehenden Grundlage abzuwickeln.

 

Vor Anwendung dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung eines Ausgleichsanspruchs vorliegen. Der Ausgleichsanspruch kann von einem hauptberuflichen Vertreter oder von dessen Erben (Ziffer IV.) erhoben werden, und zwar im Falle der Kündigung des Vertragsverhältnisses (mit Ausnahme der Fälle des § 89 b Abs. 3 HGB), der vertraglichen Beendigung oder einvernehmlichen Aufhebung des Vertragsverhältnisses aus Altersgründen12) oder aus Gründen der dauernden Invalidität13 oder beim Vorliegen einer unverschuldeten und auf andere, zumutbare Weise nicht behebbaren persönlichen Zwangslage des Vertreters14 oder des Todes des Vertreters, sofern auf Seiten des Vertreters Provisionsverluste entstanden sind (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 2 HGB). Dagegen bedarf es zunächst einer Prüfung der Frage nicht, ob das Versicherungsunternehmen auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 1 HGB) oder ob die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB), weil die Grundsätze für den Normalfall davon ausgehen, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Sofern jedoch ein Versicherungsunternehmen in dem einen oder anderen Fall der Überzeugung ist, dass erhebliche Vorteile nicht vorhanden sind oder die Zahlung eines Ausgleichs unbillig ist, besteht die Möglichkeit, die Gutachterstelle anzurufen (Ziffer VI).

 

I. Geltungsbereich

 

1. Diese Grundsätze gelten nur für dynamische Lebensversicherungen.

 

Dynamische Lebensversicherungen im Sinne dieser Grundsätze sind Lebensversicherungen,

 

deren Versicherungsbedingungen ein Anwachsen von Beitrag und Leistung in regelmäßigen Zeitabständen von Anbeginn oder aufgrund einer späteren, vom Vertreter bewirkten Vereinbarung vorsehen 15,

 

soweit

 

der Vertreter diese Versicherungen selbst vermittelt hat und diese Versicherungen bei der Beendigung des Vertretervertrages die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllen und zum letzten Erhöhungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind.

 

 

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12 Der Vertragsaufhebung sollte im Allgemeinen bei Vollendung des 65. Lebensjahres des Vertreters beiderseits zugestimmt werden. Vgl. dazu Rundschreiben des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft GVa-Nr. 10/68 vom 22. April 1968, Ziffer II/2 und GVa-Nr. 8/75 vom 14. April 1975, Ziffer 2. Inzwischen auch in § 89 b Abs. 3 HGB geregelt.

 

13 Invalidität ist gegeben, wenn die Arbeitsfähigkeit als Versicherungsvertreter auf weniger als die Hälfte einer körperlich und geistig gesunden Person von ähnlicher Ausbildung und gleichartigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.

 

14 Beispiel: Wohnsitzverlegung des Vertreters ins Ausland aus zwingenden gesundheitlichen Gründen. Zweifelsfälle können der Gutachterstelle (Ziffer VI) vorgelegt werden.

 

 

15 Dazu zählen auch Lebensversicherungen, bei denen der Versicherungsnehmer bedingungsgemäß von der Erhöhung des Beitrages und der Leistung unterrichtet wird, jedoch das Recht hat, die Erhöhung abzulehnen.

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Eine Ausgleichszahlung setzt voraus, dass der Vertreter während der Dauer des Vertretervertrages bei Erhöhungen dynamischer Lebensversicherungen jeweils einen vertraglichen Anspruch auf eine zusätzliche Vermittlungsprovision hatte. Eine Ausgleichszahlung entfällt, wenn der Vertreter beim Abschluss der dynamischen Lebensversicherungen eine entsprechende erhöhte Erstprovision erhalten hat, durch die der in künftigen Erhöhungen fortwirkende Vermittlungserfolg vereinbarungsgemäß bereits voll abgegolten worden ist.

 

Beim Bestehen einer von einem Versicherungskonzern oder einer Organisationsgemeinschaft im Sinne von § 92 a Abs. 2 HGB oder vom Lebensversicherungsunternehmen allein ganz oder teilweise finanzierten Alters- und Hinterbliebenenversorgung gilt Ziffer V.

 

2. Für dynamische Gruppenversicherungen, Gruppenversicherungen mit Andienungspflicht und dynamische Risikoversicherungen gelten diese Grundsätze nicht. Falls für derartige Lebensversicherungen ein Ausgleichsanspruch erhoben wird, kann allerdings die Gutachterstelle gemäß Ziffer VI angerufen werden, um eine Regelung nach billigem Ermessen zu treffen.

 

3. Alle übrigen Lebensversicherungen fallen nicht unter diese Grundsätze.

 

II. Errechnung der Ausgleichszahlung

 

Zur Errechnung der Ausgleichszahlung wird von den Versicherungssummen der dynamischen Lebensversicherungen gemäß Ziffer I ausgegangen. Maßgebend ist die Versicherungssumme zur Zeit der Beendigung des Vertretervertrages. Die Summe der so ermittelten Versicherungen wird mit folgenden Faktoren multipliziert: Der 1. Faktor ist der mit dem Vertreter für Erhöhungen von dynamischen Lebensversicherungen vereinbarte Provisionssatz.

 

Der 2. Faktor beträgt:

1975                  0,11

1976                  0,10

1977                  0,10

1978                  0,09

1979                  0,09

1980 ff.              0,08

 

Unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit, die nach § 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB zu berücksichtigen ist, ergibt sich für den Vertreter, der in der Lebensversicherung ausschließlich für ein Unternehmen tätig war, ein 3. Faktor aus der Dauer seiner hauptberuflichen Tätigkeit im Außendienst dieses Unternehmens. Bei einer Tätigkeit bis zum 9. Jahr einschließlich beträgt er 1, ab dem 10. Jahr 1,25 und ab dem 20. Jahr 1,5.

 

Bei Berechnung der Tätigkeitsdauer sollte geprüft werden, ob eine vorausgegangene ununterbrochene Tätigkeit als Angestellter im Außendienst mitberücksichtigt werden kann. Eine Tätigkeit als nebenberuflicher Versicherungsvermittler bleibt unberücksichtigt16.

 

Das Ergebnis ist die Ausgleichszahlung in EUR.

 

III. Begrenzung des Ausgleichsanspruchs

 

Die Höhe des Ausgleichsanspruchs darf insgesamt drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen nicht übersteigen (§ 89 b Abs. 5 HGB).

 

IV. Anspruchsberechtigte Erben

 

Beim Tod des Vertreters steht der Ausgleichsanspruch grundsätzlich nur seiner Witwe und seinen Verwandten in gerader Linie, in Härtefällen auch seinen sonstigen Erben zu17.

 

 

V. Berücksichtigung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung

 

1. Da nach Auffassung der Beteiligten ein Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB) insoweit nicht entsteht, wie der Vertreter Leistungen aus einer durch Beiträge des Versicherungsunternehmens aufgebauten Alters-und Hinterbliebenenversorgung erhalten oder zu erwarten hat, ist von der nach I. und II. errechneten Höhe des Ausgleichsanspruchs bei einer Rentenversicherung der kapitalisierte Barwert der Rente der Anspruchsberichtigten, bei einer Kapitalversorgung deren Kapitalwert und bei fixierten Provisionsrenten (früher auch als Nachinkassoprovisionen oder Nachprovisionen bezeichnet) der kapitalisierte Barwert der zugesagten Provisionsrenten abzuziehen.

 

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16 Vgl. hierzu Rundschreiben des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft GVa-Nr. 18/72 vom 14. November 1972, Ziffer 3.

 

17 Zur Anwendung dieser Bestimmung vgl. Rundschreiben des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft GVa-Nr. 10/68 vom 22. April 1968, Ziffer II/3.

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2. Ist die Dauer der Provisionsrente von dem Fortbestehen der vom Vertreter bei Beendigung des Vertretervertrages verwalteten Versicherungsverträge abhängig, so wird aus dem in Ziffer 1. genannten Grund bei Beendigung des Vertretervertrags der Ausgleichsanspruch vorläufig so errechnet, als ob dem Vertreter keine Provisionsrente zugesagt worden wäre. Der Vertreter stundet den derart errechneten fiktiven Ausgleichsanspruch bis zum völligen Auslaufen der Provisionsrente in rechtsgültiger Weise endgültig verzichtet. Alsdann wird die Gesamthöhe der bis zu diesem Zeitpunkt gezahlten Provisionsrenten von dem errechneten fiktiven Ausgleichsanspruch abgezogen und auf diese Weise festgestellt, ob und inwieweit im Zeitpunkt der Beendigung des Vertretervertrages ein Ausgleichsanspruch trotz des Anspruchs auf Provisionsrente tatsächlich entstanden ist. Gegebenenfalls ist dieser Ausgleichsanspruch sofort fällig.

 

VI. Gutachterstelle

 

Sind in einem Einzelfall bei einem Versicherungsunternehmen oder einem Vertreter besondere Umstände gegeben, die nach Auffassung eines der Betroffenen eine andere Regelung zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs gerechtfertigt erscheinen lassen, so kann jede der Parteien zur Herbeiführung einer den Umständen des Einzelfalles gerecht werdenden

Regelungen die bei dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft bestehende, aus Vertretern des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft einerseits, des Bundesverbandes der Geschäftsstellenleiter der Assekuranz und des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute andererseits paritätisch zusammengesetzte Gutachterstelle in Anspruch nehmen. Das gleiche gilt für Härtefälle gemäß Ziffer IV.

 

Die Gutachterstelle wird nur tätig, wenn beide Parteien ihrer Inanspruchnahme zustimmen.

 

Die Gutachterstelle arbeitet unter Vorsitz eines von den Gutachtern einstimmig bestimmten Vorsitzers, der nicht dem Kreis der Gutachter angehört.

 

VII. Ausspannung von Versicherungsverträgen

 

Da bei der Befriedigung des Ausgleichsanspruchs davon ausgegangen wird, dass der wirtschaftliche Vorteil des ausgeglichenen Bestandes dem Versicherungsunternehmern verbleibt, wird vorausgesetzt, dass der Vertreter keine Bemühungen anstellt oder unterstützt, die zu einer Schmälerung des Bestandes führen, für den er einen Ausgleich erhalten hat.

 

VIII. Geltungsdauer

 

Diese Grundsätze treten am 1. Januar 1976 in Kraft. Sie gelten für alle ab diesem Tage entstehenden Ausgleichsansprüche.

 

Die Grundsätze sollen im gegenseitigen Einvernehmen 3 Jahre nach ihrer Vereinbarung überprüft werden. Wird die Vereinbarung nicht ein Jahr vor Ablauf der vereinbarten 3 Jahre von einem der beteiligten Verbände gekündigt, so verlängert sich ihre Geltungsdauer jeweils um weitere 2 Jahre.

 

Fällt die Geschäftsgrundlage dieser Grundsätze weg oder ändert sie sich erheblich, soll der Inhalt nach Möglichkeit an die geänderten Umstände angepasst werden. Wegfall oder erhebliche Änderungen der Geschäftsgrundlage liegen insbesondere dann vor, wenn gesetzliche Bestimmungen, die die Grundlage des Ausgleichsanspruchs berühren, aufgehoben, geändert oder neu erlassen werden, die wirtschaftliche Entwicklung zu unverhältnismäßig hohen Inflationsraten führt, durch die die Versicherungsnehmer veranlasst werden, auf Anpassungen zu verzichten, oder keine Steigerung des Angestellten- Versicherungshöchstbeitrages mehr eintritt.

 

Durch die globale Regelung wird die von den beteiligten Verbänden vertretene Rechtsauffassung über die Natur und die Auswirkungen des Ausgleichanspruchs nicht berührt 18.

 

 

Gesamtverband der Versicherungswirtschaft e.V.

Bundesverband der Geschäftsstellenleiter der Assekuranz e.V. (VGA)

Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK)

 

Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs (§89 b HGB) in der privaten Krankenversicherung

 

Nachdem das Handelsvertretergesetz keine konkrete Bestimmung über die Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs enthält, haben der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., Köln und Berlin, der Bundesverband der Geschäftsstellenleiter der Assekuranz e.V. (VGA), Köln, und der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK), Bonn, in dem Bemühen um gegenseitige Verständigung und ausgehend von vorwiegend  wirtschaftlichen Erwägungen Grundsätze erarbeitet, um die Höhe des nach Auffassung der beteiligten Kreise angemessenen Ausgleichs global zu errechnen.

 

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, der Bundesverband und der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute empfehlen ihren Mitgliedern, Ausgleichsansprüche auf der nachstehenden Grundlage abzuwickeln.

 

Vor Anwendung dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung eines Ausgleichsanspruchs vorliegen. Der Ausgleichsanspruch kann von einem hauptberuflichen Vertreter oder von dessen Erben (Ziffer IV.) erhoben werden, und zwar im Falle der Kündigung des Vertragsverhältnisses (soweit § 89 b Abs. 3 HGB nichts anderes bestimmt), der vertraglichen Beendigung oder einvernehmlichen Aufhebung des Vertagsverhältnisses aus Altersgründen 19 oder aus Gründender dauernden Invalidität 20 oder beim Vorliegen einer unverschuldeten und auf andere zumutbare Weise nicht behebbaren persönlichen Zwangslage des Vertreters 21 oder des Todes des Vertreters, sofern auf Seiten des Vertreters Provisionsverluste entstanden sind (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 2 HGB). Dagegen bedarf es zunächst einer Prüfung der Frage nicht, ob das Versicherungsunternehmen auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 1 HGB) oder ob die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB), weil die Grundsätze für den Normalfall davon ausgehen, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Sofern jedoch ein Versicherungsunternehmen in dem einen oder anderen Fall der Überzeugung ist, dass erhebliche Vorteile nicht vorhanden sind oder die Zahlung eines Ausgleichs unbillig ist, besteht die Möglichkeit, die Gutachterstelle anzurufen (Ziffer VI.).

 

 

 

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18  Zur Verwendbarkeit dieser „Grundsätze“ in Rechtsstreiten vgl. Rundschreiben des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft GVa-Nr. 12/72 vom 17 Juli 1972 und GVa-Nr. 15/74 vom 29. November 1974.

 

19 Die Vertragsaufhebung sollte im Allgemeinen bei Vollgendung des 65. Lebensjahres des

Vertreters beiderseits zugestimmt werden. Vgl. dazu das Rundschreiben des Gesamtver-

bandes der Versicherungswirtschaft GVa-Nr. 10/68 vom 22. April 1968, Ziffer II./2 und

GVa-Nr. 8/75 vom 14. April 1975, Ziffer 2. Inzwischen auch in § 89 b Abs. 3 HGB geregelt

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I. Geltungsbereich

 

Diese Grundsätze gelten nur für Aufstockungsfälle in der privaten Krankenversicherung.

 

Ein Aufstockungsfall in der privaten Krankenversicherung im Sinne dieser Grundsätze ist die unter Einschaltung eines Vermittlers erfolgende Erhöhung des für eine Person und das gleiche Risiko bestehenden Versicherungsschutzes, die über die Wiederherstellung des bisherigen Verhältnisses zwischen den gestiegenen Heilbehandlungskosten und den Versicherungsleistungen bzw. zwischen dem durchschnittlichen Entgelt und dem Krankentagegeld hinausgeht. Die Tätigkeit des ausgeschiedenen Vertreters, der den betreffenden Vertrag vermittelt hat, ist wegen der Bemühungen des neuen Vermittlers in der Regel nur begrenzt mitursächlich für eine spätere Aufstockung des Versicherungsschutzes.

 

Beim Bestehen einer von einem Versicherungskonzern oder einer Organisationsgemeinschaft im Sinne von § 92 a Abs. 2 HGB oder vom Krankenversicherungsunternehmen allein ganz oder teilweise finanzierten Alters- und Hinterbliebenenversorgung gilt Ziffer V.

 

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20 Invalidität ist gegeben, wenn die Arbeitsfähigkeit als Versicherungsvertreter auf weniger als die Hälfte einer körperlich und geistig gesunden Person von ähnlicher Ausbildung und gleichartigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.

 

21 Beispiel: Wohnsitzverlegung des Vertreters ins Ausland aus zwingenden gesundheitlichen Gründen. Zweifelsfälle können der Gutachterstelle (Ziffer VI.) vorgelegt werden.

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II. Errechnung der Ausgleichszahlung

 

Zur Errechnung der Ausgleichszahlung wird von der durchschnittlich selbst vermittelten Gesamtjahresproduktion in Monatsbeiträgen ausgegangen, wobei die letzten fünf Jahre und bei kürzerer Vertretertätigkeit dieser kürzere Zeitraum zugrunde gelegt werden.

 

Der Betrag der so ermittelten durchschnittlichen Gesamtjahresproduktion wird mit folgenden Faktoren multipliziert: Der erste Faktor ist der mit dem Vertreter für Geschäft aus dem Bestand während seiner Tätigkeit vereinbarte Provisionssatz.

 

Der zweite Faktor berücksichtigt die Bestandszusammensetzung und damit die möglichen Aufstockungsfälle, die für einen Ausgleichsanspruch in Betracht kommen. Er beträgt 0,2.

 

Der dritte Faktor berücksichtigt die Mitursächlichkeit der Tätigkeit des ausgeschiedenen Vertreters für eine spätere Aufstockung. Er beträgt 0,4.

 

Unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit, die nach § 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB zu berücksichtigen ist, ergibt sich für den Vertreter, der in der Krankenversicherung ausschließlich für ein Unternehmen tätig war, ein vierter Faktor aus der Dauer seiner hauptberuflichen Tätigkeit im Außendienst dieses Unternehmens.

 

Der Faktor 4 beträgt:

 

1. bis 3. Jahr =       0,7

4. bis 6. Jahr =       1

7. bis 9. Jahr =       1,6

10. bis 12. Jahr =   2,5

13. bis 15. Jahr =   3,5

ab 16. Jahr =          4

 

Das Ergebnis ist die Ausgleichszahlung in EUR.

 

III. Begrenzung des Ausgleichsanspruchs

 

Die Höhe des Ausgleichsanspruchs darf insgesamt 3 Jahresprovisionen nicht übersteigen

(§ 89 b Abs. 5 HGB).

 

 

 

IV. Anspruchsberechtigte Erben

 

Beim Tod des Vertreters steht der Ausgleichsanspruch grundsätzlich nur seiner Witwe und seinen Verwandten in gerader Linie, in Härtefällen auch seinen sonstigen Erben zu22.

 

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22 Zur Anwendung dieser Bestimmung vgl. Rundschreiben des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft GVa-Nr. 10/68 vom 22. April 1968, Ziffer II./3.

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V. Berücksichtigung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung

 

1. Da nach Auffassung der Beteiligten ein Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB) insoweit nicht entsteht, wie der Vertreter Leistungen aus einer durch Beiträge des Versicherungsunternehmens aufgebauten Alters- und Hinterbliebenenversorgungerhalten oder zu erwarten hat, ist von der nach I. und II. errechneten Höhe des Ausgleichsanspruchs bei einer Rentenversicherung der kapitalisierte Barwert der Rente der Anspruchsberechtigten, bei einer Kapitalversorgung deren Kapitalwert und bei fixierten Provisionsrenten (früher auch als Nachinkassoprovisionen oder Nachprovisionen bezeichnet) der kapitalisierte Barwert der zugesagten Provisionsrenten abzuziehen.

 

2. Ist die Dauer der Provisionsrente von dem Fortbestehen der vom Vertreter bei Beendigung des Vertretervertrages verwalteten Versicherungsverträge abhängig, so wird aus dem in Ziffer 1. genannten Grund bei Beendigung des Vertretervertrages der Ausgleichsanspruch vorläufig so errechnet, als ob dem Vertreter keine Provisionsrente zugesagt worden wäre. Der Vertreter stundet den derart errechneten fiktiven Ausgleichsanspruch bis zum völligen Auslaufen der Provisionsrente oder bis zu dem Zeitpunkt, in dem er auf die Weiterzahlung der Provisionsrente in rechtsgültiger Weise endgültig verzichtet. Alsdann wird die Gesamthöhe der bis zu diesem Zeitpunkt gezahlten Provisionsrenten von dem errechneten fiktiven Ausgleichsanspruch abgezogen und auf diese Weise festgestellt, ob und inwieweit im Zeitpunkt der Beendigung des Vertretervertrages ein Ausgleichsanspruch trotz des Anspruchs auf Provisionsrente tatsächlich entstanden ist. Gegebenenfalls ist dieser Ausgleichsanspruch sofort fällig.

 

VI. Gutachterstelle

Sind in einem Einzelfall bei einem Versicherungsunternehmen oder einem Vertreter besondere Umstände gegeben, die nach Auffassung eines der Betroffenen eine andere Regelung zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs gerechtfertigt erscheinen lassen, so kann jede der Parteien zur Herbeiführung einer den Umständen des Einzelfalles gerecht werdenden Regelung die bei dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft bestehende, aus Vertretern des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft einerseits, des Bundesverbandes der Geschäftsstellenleiter der Assekuranz und des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute andererseits paritätisch zusammengesetzte Gutachterstelle in Anspruch nehmen. Das gleiche gilt für Härtefälle gemäß Ziffer IV.

 

Die Gutachterstelle wird nur tätig, wenn beide Parteien ihrer Inanspruchnahme zustimmen.

 

Die Gutachterstelle arbeitet unter Vorsitz eines von den Gutachtern einstimmig bestimmten Vorsitzers, der nicht dem Kreis der Gutachter angehört.

 

VII. Ausspannung von Versicherungsverträgen

 

Da bei der Befriedigung des Ausgleichsanspruchs davon ausgegangen wird, dass der wirtschaftliche Vorteil des ausgeglichenen Bestandes dem Versicherungsunternehmen verbleibt, wird vorausgesetzt, dass der Vertreter keine Bemühungen anstellt oder unterstützt, die zu einer Schmälerung des Bestandes führen, für den er einen Ausgleich erhalten hat.

 

VIII. Geltungsdauer

 

Diese Grundsätze sind am 1. November 1976 in Kraft getreten und haben mit Wirkung vom 1.11.1982 die vorliegende Fassung erhalten. Sie gelten in dieser Fassung für alle ab dem 1.11.1982 entstehenden Ausgleichsansprüche.

 

Die Grundsätze in der Fassung vom 1. November 1982 sollen im gegenseitigen Einvernehmen nach einer Laufzeit von 6 Jahren überprüft werden. Wird die Vereinbarung nicht ein Jahr vor Ablauf der vereinbarten 6 Jahre von einem der beteiligten Verbände gekündigt, so verlängert sich ihre Geltungsdauer jeweils um weitere 3 Jahre.

 

Fällt die Geschäftsgrundlage dieser Grundsätze weg oder ändert sie sich erheblich, soll der Inhalt nach Möglichkeit an die geänderten Umstände angepasst werden. Wegfall oder erhebliche Änderung der Geschäftsgrundlage liegen insbesondere dann vor, wenn gesetzliche Bestimmungen, die die Grundlagen des Ausgleichsanspruchs berühren, aufgehoben, geändert oder neu erlassen werden. Durch diese globale Regelung wird die von den beteiligten Verbänden vertretene Rechtsauffassung über die Natur und die Auswirkungen des Ausgleichsanspruchs nicht berührt23.

 

 

—————————-

23 Zur Verwertbarkeit dieser „Grundsätze in Rechtsstreiten vgl. Rundschreiben des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft GVa-Nr. 12/72 vom 17 Juli 1972 und GVa-Nr. 15/74 vom November 1974.

—————————

 

 

Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs (§ 89 b HGB)

im Bausparbereich

 

Da das HGB keine Bestimmung über die konkrete Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs enthält, haben

 

der Verband der Privaten Bausparkassen e. V., 5300 Bonn

 

die Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkasse, 5300 Bonn, und

 

der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V., (BVK), 5300 Bonn,

 

in dem Bemühen, um gegenseitige Verständigung und ausgehend von vorwiegend wirtschaftlichen Erwägungen die nachfolgenden Grundsätze erarbeitet, um die Höhe des nach Auffassung der beteiligten Kreise angemessenen Ausgleichs global zu errechnen.

 

Sie empfehlen ihren Mitgliedern, Ausgleichsansprüche auf dieser Grundlage abzuwickeln.

 

I. Ausgleichswert

 

1. Bemessungsgrundlage

 

Ausgangswert für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs ist die durchschnittliche Jahresprovision der letzten vier Jahre aus dem eingelösten Geschäft abzüglich etwa vereinbarter Verwaltungsprovisionen und abzüglich etwa nicht verdienter Einarbeitungsprovisionen bzw. Garantieprovisionen – bei kürzerer Tätigkeit der Durchschnitt aus diesem Zeitraum.

 

Als Verwaltungsprovisionen gelten Vergütungen, die Vertreter für das Neugeschäft von Vermittlern erhalten, die dem Vertreter organisatorisch nicht zugeordnet sind oder zu deren Vermittlungen er akquisitorisch nicht beiträgt.

 

 

2. Ausgleichspflichtiges Folgegeschäft

 

Auszugleichen sind diejenigen Folgeverträge, bei denen derselbe Vermittler einen Erst (Vor-) Vertrag vermittelt hat und die mit dem Erst(Vor-)Vertrag in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen und demselben Bausparbedürfnis dienen. Um die überaus schwierigen und zeitraubenden Einzelvermittlungen zu vermeiden, wird der Anteil des ausgleichspflichtigen Folgegeschäfts mit einem Mittelsatz von 20,25 % des Ausgangswertes nach Ziffer I. 1 pauschal festgelegt.

 

Insbesondere bei dienstjungen Handelsvertretern übersteigt dieser Satz in aller Regel den Satz des wirklichen ausgleichspflichtigen Folgegeschäfts erheblich. Um gleichwohl einen einheitlichen Mittelsatz für alle Handelsvertreter anwenden zu können, setzen die höheren Multiplikatoren der Ziffer II. erst bei längeren Dienstzeiten ein und bleiben in den ersten drei Jahren unter dem Faktor 1. Das Verfahren gilt auch für wesentliche Teilgebietskündigungen (Bezirks- oder Bestandsverkleinerungen), wobei die spätere Berücksichtigung einer Alters-und Hinterbliebenenversorgung unberührt bleibt.

 

II. Multiplikatoren

 

Um dem Gesichtspunkt der Billigkeit (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB) Rechnung zu tragen, ist der nach Ziffer I. errechnete Ausgleichswert entsprechend der Dauer der hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit des Vertreters für das Bausparunternehmen nach folgender Staffel zu multiplizieren:

 

Tätigkeitsdauer Multiplikator

ab 1 Jahr           0,20

ab 2 Jahren       0,40

ab 3 Jahren       0,70

ab 4 Jahren       1,00

ab 5 Jahren       1,30

ab 6 Jahren       1,60

ab 7 Jahren       1,90

ab 8 Jahren       2,20

ab 9 Jahren       2,50

ab 10 Jahren     3,00

ab 12 Jahren     4,00

 

 

 

III. Treuebonus

 

Ab einer Dauer des hauptberuflichen Handelsvertreterverhältnisses von 15 Jahren erhält der Vertreter bei seinem Ausscheiden neben dem Ausgleichsanspruch einen Treuebonus. Dieser beträgt 10,125 % der gemäß Ziffer I. 1 ermittelten Bemessungsgrundlage und verdoppelt sich auf 20,25 % ab einem hauptberuflichen Handelsvertreterverhältnis von 19 Jahren bei derselben Bausparkasse.

 

IV. Anspruchsberechtigte Erben

 

Beim Tod des Vertreters steht der Ausgleichsanspruch und ein eventueller Treuebonus seinem Ehegatten und danach seinen unterhaltsberechtigten Verwandten in gerader Linie zu.

 

V. Fälligkeit

 

Der sich aus diesen Grundsätzen ergebende Ausgleichsanspruch und ein eventueller Treuebonus wird innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsbeendigung, frühestens zwei Monate nach Geltendmachung, fällig.

 

VI. Berücksichtigung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung

 

Da nach der bestehenden Rechtslage ein Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB) insoweit nicht entsteht, wie der Vertreter Leistungen aus einer durch Beiträge des Bausparunternehmens aufgebauten Alters- und Hinterbliebenenversorgung erhalten oder zu erwarten hat, ist vom Gesamtbetrag des nach Ziffer I. und Ziffer II. errechneten Ausgleichsanspruchs zuzüglich eines eventuell nach Ziffer III. errechneten Treuebonus bei einer Rentenversicherung der kapitalisierte Barwert der Rente der Anspruchsberechtigten und bei einer Kapitalversorgung deren Kapitalwert abzuziehen.

 

VII. Gutachterstelle

 

Sind in einem Einzelfall bei einem Bausparunter-nehmen oder einem Vertreter besondere Umstände gegeben, die nach Auffassung eines der Betroffenen eine andere Regelung zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs oder Treuebonus gerechtfertigt erscheinen lassen, so kann jede der Parteien zur Herbeiführung einer den Umständen des Einzelfalls gerecht werdenden Regelung die Gutachterstelle, die aus Vertretern des Verbandes der Privaten Bausparkassen, der Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkassen und des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute paritätisch zusammengesetzt ist, in Anspruch nehmen.

 

Die Gutachterstelle wird nur tätig, wenn beide Parteien ihrer Inanspruchnahme zustimmen. Ihr Votum muss einstimmig erfolgen.

 

Der BVK verpflichtet sich, während der Geltungsdauer dieser Grundsätze Forderungen seiner Mitglieder gegen eine private Bausparkasse oder öffentliche Bausparkasse, die über diese Grundsätze hinausgehen oder die sich gegen diese Grundsätze richten, nicht mit aktivem Rechtsschutz und Kostenbeteiligung zu unterstützen.

 

VIII. Ausspannung von Bausparverträgen

 

Da bei der Befriedigung des Ausgleichsanspruchs und eines eventuellen Treuebonus davon ausgegangen wird, dass der wirtschaftliche Vorteil des ausgeglichenen Bestandes der Bausparkasse verbleibt, wird vorausgesetzt, dass der Vertreter keine Bemühungen anstellt oder unterstützt, die zu einer Schmälerung des Bestandes führen, für den er einen Ausgleich erhalten hat.

 

IX. Geltungsdauer

Diese Grundsätze treten am 1.10.1984 in Kraft. Sie gelten für alle ab diesem Tage entstehenden Ansprüche sowie für schwebende, noch nicht endgültig abgeschlossene Fälle.

 

Diese Grundsätze können durch jeden der beteiligten Verbände mit Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr zum Schluss eines Kalenderjahres durch eingeschriebenen Brief an die anderen Verbände gekündigt werden. Die erstmalige Kündigung ist jedoch nicht vor Ablauf von zwei Jahren seit Inkrafttreten der Grundsätze möglich.

 

Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs (§ 89 b HGB) im

Finanzdienstleistungsbereich

 

Da das HGB keine Bestimmung über die konkrete Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs enthält, haben

der Verband der Privaten Bausparkassen e. V., 53129 Bonn

und

der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK), 53115 Bonn,

 

in dem Bemühen um gegenseitige Verständigung und ausgehend von vorwiegend wirtschaftlichen Erwägungen die nachfolgenden Grundsätze erarbeitet, um die Höhe des nach Auffassung der beteiligten Kreise angemessenen Ausgleichs global zu errechnen.

 

Sie empfehlen ihren Mitgliedern, Ausgleichsansprüche auf dieser Grundlage abzuwickeln.

 

I. Ausgleichsanspruch

 

1. Bemessungsgrundlage

 

Ausgangswert für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs ist die durchschnittliche Jahresprovision der letzten vier Jahre aus dem Finanzdienstleistungsgeschäft abzüglich etwa vereinbarter Verwaltungsprovisionen und abzüglich etwa nicht verdienter Einarbeitungsprovisionen bzw. Garantieprovisionen – bei kürzerer Tätigkeit der Durchschnitt aus diesem Zeitraum.

 

Als Verwaltungsprovision gelten Vergütungen, die Vertreter für das Neugeschäft von Vermittlern erhalten, die dem Vertreter organisatorisch nicht zugeordnet

sind oder zu deren Vermittlungen er akquisitorisch nicht beiträgt.

 

 

2. Ausgleichspflichtiges Folgegeschäft

 

Um überaus schwierige und zeitraubende Ermittlungen zu vermeiden, wird der Anteil des ausgleichspflichtigen Folgegeschäfts mit einem Mittelsatz von 10 % des Ausgleichswertes nach Ziffer I. 1. pauschal festgelegt.

 

Das Verfahren gilt auch für Teilvertragsbeendigungen (Bezirks- oder Bestandsverkleinerungen), wobei die spätere Berücksichtigung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung unberührt bleibt.

 

II. Multiplikatoren

 

Um den Gesichtspunkt der Billigkeit (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB) Rechnung zu tragen, ist der nach Ziffer I. errechnete Ausgleichswert entsprechend der Dauer der hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit des Vertreters für das Bausparunternehmen nach folgender Staffel zu multiplizieren:

 

Tätigkeitsdauer Multiplikator

 

ab 1 Jahr           0,20

ab 2 Jahren       0,40

ab 3 Jahren       0,70

ab 4 Jahren       1,00

ab 5 Jahren       1,30

ab 6 Jahren       1,60

ab 7 Jahren       1,90

ab 8 Jahren       2,20

ab 9 Jahren       2,50

ab 10 Jahren     3,00

ab 12 Jahren     4,00

 

 

III. Treuebonus

 

Ab einer Dauer des hauptberuflichen Handelsvertreterverhältnisses von 15 Jahren erhält der Vertreter bei seinem Ausscheiden neben dem Ausgleichsanspruch einen Treuebonus. Dieser beträgt 10,125 % der gemäß Ziffer I. 1 ermittelten Bemessungsgrundlage und verdoppelt sich auf 20,25 % ab einem hauptberuflichen Handelsvertreterverhältnis von 19 Jahren bei derselben Bausparkasse.

 

IV. Anspruchsberechtigte Erben

 

Beim Tod des Vertreters steht der Ausgleichsanspruch und ein eventueller Treuebonus den berechtigten Erben zu.

 

V. Fälligkeit

 

Der sich aus diesen Grundsätzen ergebende Ausgleichsanspruch und ein eventueller Treuebonus wird innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsbeendigung, frühestens zwei Monate nach Geltendmachung, fällig.

 

VI. Berücksichtigung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung

 

Da nach der bestehenden Rechtslage ein Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB) insoweit nicht entsteht, wie der Vertreter Leistungen aus einer durch Beiträge des Bausparunternehmens aufgebauten Alters- und Hinterbliebenenversorgung erhalten oder zu erwarten hat, ist vom Gesamtbetrag des nach Ziffer I. und Ziffer II. errechneten Ausgleichsanspruchs zuzüglich eines eventuell nach Ziffer III. errechneten Treuebonus bei einer Rentenversicherung der kapitalisierte Barwert der Rente des Anspruchsberechtigten und bei einer Kapitalversorgung deren Kapitalwert abzuziehen.

 

VII. Gutachterstelle

 

Sind in einem Einzelfall bei einem Bausparunter-nehmen oder einem Vertreter besondere Umstände gegeben, die nach Auffassung eines der Betroffenen eine andere Regelung zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs oder Treuebonus gerechtfertigt erscheinen lassen, so kann jede der Parteien zur Herbeiführung einer der Umstände des Einzelfalls gerecht werdenden Regelung die Gutachterstelle, die aus Vertretern des Verbandes der Privaten Bausparkassen und des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute paritätisch zusammengesetzt ist, in Anspruch nehmen.

 

Die Gutachterstelle wird nur tätig, wenn beide Parteien ihrer Inanspruchnahme zustimmen. Ihr Votum muss einstimmig erfolgen.

 

Der BVK verpflichtet sich, während der Geltungsdauer dieser Grundsätze Forderungen seiner Mitglieder gegen eine private Bausparkasse, die über diese Grundsätze hinausgehen oder die sich gegen diese Grundsätze richten, nicht mit aktivem Rechtsschutz und Kostenbeteiligung zu unterstützen.

 

VIII. Ausspannung von Finanzdienstleistungsverträgen

 

Da bei der Befriedigung des Ausgleichsanspruchs und eines eventuellen Treuebonus davon ausgegangen wird, dass der wirtschaftliche Vorteil des ausgeglichenen Geschäftes der Bausparkasse verbleibt, wird vorausgesetzt, dass der Vertreter keine Bemühungen anstellt oder unterstützt, die zu einer Schmälerung dieses Geschäftes führen, für das er einen Ausgleich erhalten hat.

 

IX. Geltungsdauer

 

Diese Grundsätze treten am 1.10.1996 in Kraft. Sie gelten für alle ab diesem Tage entstehenden Ansprüche sowie für schwebende, noch nicht endgültig abgeschlossene Fälle. Diese Grundsätze können durch jeden der beteiligten Verbände mit Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr zum Schluss eines Kalenderjahres durch eingeschriebenen Brief an den anderen Verband gekündigt werden. Die erstmalige Kündigung ist jedoch nicht vor Ablauf von zwei Jahren seit Inkrafttreten der Grundsätze möglich.

 

 

 

 

 

Verband der Privaten Bausparkassen e.V.

Bundesverband Deutscher

Versicherungskaufleute e.V. (BVK)

 

 

 

 

 

 

OLG Köln macht auf sich aufmerksam

Erst kürzlich verurteilte das Oberlandesgericht die AachenMünchner zur Zahlung eines Ausgleichsanspruchs. Ein Handelsvertreter, der früher für die AachenMünchner tätig war, wollte seinerzeit nicht zur DVAG wechseln. Die AachenMünchner veräußerte Ende 2006 ihren gesamten Außenvertrieb an die DVAG. Der Handelsvertreter wollte dort partout nicht hin. Das OLG Köln entschied zugunsten des Handelsvertreters, dass die AM trotzdem den Ausgleichsanspruch gem.  § 89 b HGB zahle müsse.

Das OLG Köln beschäftigt sich derzeit auch mit dem Versorgungswerk, der Alters -und Berufsabsicherung der Vermögensberater der DVAG. Auch hier zeichnet sich eine Auffassung ab, die den Vermögenberatern zugute kommt. Die AachenMünchner soll hier nicht so frei walten können, wie sie es will. Sie soll sich die Regelungen, die zwischen DVAG und Vermögensberatern gelten, zurechnen lassen müssen.

Über beide Verfahren werde ich noch berichten.

Jetzt macht das OLG Köln mit einer verbraucherfreundlichen Entscheidung vom 2. September (Az.: 20 U 201/15 und 26 O 468/14) auf sich aufmerksam. Es verbietet bei der Riesterrente in einem nicht rechtskräftigen Urteil die Doppelverprovisionierung. Nun wird sich wohl der BGH damit zu beschäftigen haben. Geklagt hatte der Bund der Versicherten gegen den HDI.

Die Richter urteilten, dass die Tochter des Versicherungskonzerns Talanx über die gezillmerten Abschlusskosten bei Riester-Versicherungen hinaus zusätzliche Gebühren ohne Obergrenze berechnet.  Aus der Kalkulation der Abschlusskosten aus den Kundenprämien würden sich zu hohe Abschlusskosten ergeben.

Die streitige, vom OLG für intransparent erklärte, Klausel lautet:

Einen Teil (der Abschlusskosten) verteilen wir in gleich hohe Beträge entsprechend der vereinbarten Prämienzahlungsweise über einen Zeitraum von fünf Jahren, aber nicht länger als bis zum bei Vertragsschluss vereinbarten Rentenbeginn. Den verbleibenden Teil verteilen wir in gleich hohe Beträge entsprechend der vereinbarten Prämienzahlungsweise über die Prämienzahlungsdauer, mindestens jedoch über einen Zeitraum von fünf Jahren, aber nicht länger als bis zum bei Vertragsschluss vereinbarten Rentenbeginn.

Dies verstoße gegen § 169 VVG, der einen Mindestbetrag für Rückkaufswerte bei vorzeitiger Kündigung verlangt. Schließlich sehe die Formulierung keine Obergrenze für die Kosten vor.

Die Klausel sieht bei genauer Betrachtung zwei Provisionen vor. BdV- Chef Axel Kleinlein hält dies für Abzocke. Drei Milliarden hätten die Versicherten allein im Jahre 2015 zu viel gezahlt.

Die Versicherungswirtschaft meint, die berechneten Abschlusskosten lägen tatsächlich weit unter dem zulässigen Höchstsatz von vier Prozent der Beitragssumme. So habe die Branche im Jahr 2014 die Kunden statt mit 7,6 Milliarden Euro nur mit 5,3 Milliarden Euro belastet.

OLG Hamm: Maklerbetreuer bekommen Ausgleichsanspruch

OLG Hamm 25.10.2012 Az. I-18 U 193/11

Provisionsrente für selbständige Maklerbetreuer im Versicherungsaußendienst?

OBERLANDESGERICHT HAMM

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

I-18 U 193/11

Verkündet am

25.10.2012

In dem Rechtsstreit

[…]

hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 12.07.2012

durch […]

für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 04.05.2011 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen

des Landgerichts Dortmund – 10 O 221/09 – bezüglich des auf die Erteilung eines Buchauszugs

gerichteten Antrags zu 1. a) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldnerinnen einen Buchauszug über sämtliche Versicherungsverträge

zu erteilen, die ihnen von folgenden Maklern oder Mehrfachgeneralagenten vermittelt worden

sind und nach dem 30.09.2006 zur Abrechnung und Zahlung fällig waren: […] (Agenturnr. 9), […]

(Agenturnr. 46), … .

Der Buchauszug muss für die Sparten Lebens-, Berufungsunfähigkeits- und Rentenversicherungen folgende

Angaben enthalten:

– Name und Anschrift des Versicherungsnehmers,

– Nummer des Versicherungsscheins,

– Art der Versicherung (Risikolebensversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung etc.),

– Datum des Antrags,

– Ausstellungsdatum der Police,

– Versicherungsbeginn,

– Laufzeit,

– Beitrag,

– Zahlungsweise,

– provisionspflichtige Summe (Beitragssumme, Bewertungsfaktoren),

– Fälligkeit der Beiträge,

– Provisionsstufe in % des vermittelnden Maklers oder Mehrfachgeneralagenten,

– Stornohaftungszeit (in Monaten),

– bei Verträgen mit Dynamisierungsklauseln für jede Beitragsanpassung Datum, Umfang und Laufzeit der

Beitragserhöhung, provisionspflichtige Summe, Provisionsstufe in %o des vermittelnden Maklers oder

Mehrfachgeneralagenten,

– bei Stornierungen deren Datum und Gründe.

Für Sachversicherungen muss der Buchauszug folgende Angaben enthalten:

– Sparte (Haftpflicht-, Kraftfahrzeug-, Unfallversicherungen),

– Name und Anschrift des Versicherungsnehmers,

– Nummer des Versicherungsscheins,

– Datum des Antrags,

– Ausstellungsdatum der Police,

– Versicherungsbeginn,

– Jahresprämie (ohne Versicherungssteuer),

– Fälligkeit der Prämie,

– Eingang der Prämie,

– bei Stornierungen deren Datum und Gründe.

Die weitergehende Klage auf Erteilung eines Buchauszugs wird abgewiesen und die Berufung insoweit

zurückgewiesen.

Im Übrigen wird das am 04.05.2011 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts

Dortmund – 10 O 221/09 – aufgehoben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung

über den auf Zahlung der sich aus dem Buchauszug ergebenden Provisionen gerichteten

Antrag zu 1. b) an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben; die Entscheidung über die

Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert keine der Parteien mit mehr als 20.000,– EUR.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

Der Kläger begehrt im Wege der Stufenklage die Erteilung eines Buchauszuges und Zahlung der sich

aus dem Buchauszug ergebenden Abschlussbeteiligungsprovisionen zzgl. Zinsen, hilfsweise Zahlung

eines Ausgleichsbetrages gem. § 89b HGB.

Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen

gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, abgewiesen. Es könne offen bleiben, ob der

Kläger überhaupt Handelsvertreter i. S. v. §§ 84 ff. HGB gewesen sei, und ob überhaupt Raum sei für die

Erteilung eines Buchauszuges gem. § 87c Abs. 2 HGB, wenn der Unternehmer keine Provisionsabrechnungen

für den maßgeblichen Zeitraum erteilt habe. Ein entsprechender Anspruch scheide jedenfalls

deshalb aus, da dem Kläger für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses keine Ansprüche

mehr auf Zahlung von Abschlussbeteiligungsprovisionen zustünden. Mit der Beendigung des zwischen

den Parteien geschlossenen Vertrages und der damit verbundenen Einstellung seiner Betreuungstätigkeit

sei die Grundlage für die Zurechnung der zukünftigen Vermittlungserfolge der Makler und Mehrfachgeneralagenten,

dessen Betreuung der Kläger übernommen habe, entfallen. Allein die Tatsache, dass der

Kläger die Agenturverträge und Provisionsvereinbarungen mit den Beklagten vermittelt habe, reiche für

die Zurechnung künftiger Vermittlungserfolge nicht aus. Erforderlich sei vielmehr eine die jeweiligen Vertragsschlüsse

zumindest mittelbar fördernde Tätigkeit, die mit dem Ausscheiden des Klägers aus dem

„Betreuungsverhältnis“ zu den ihm ehemals unterstellten Maklern und Mehrfachgeneralagenten nicht

mehr gegeben sei. Bei den Abschlussbeteiligungsprovisionen, die für die Zeit nach Beendigung des

Vertragsverhältnisses beansprucht würden, handle es sich nicht um sog. Überhangprovisionen für Geschäfte,

die nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen werden. Die Voraussetzungen

des § 87 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HGB lägen nicht vor, da die Versicherungsverträge weder auf vorbereitende

Maßnahmen des Klägers noch auf eine sonstige die Abschlüsse zumindest mittelbar fördernde Tätigkeit

zurückzuführen sei. Auch der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Ausgleichsanspruch aus § 89b HGB

bestehe nicht. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass er, wenn der Vertrag nicht gekündigt worden wäre,

noch Ansprüche auf Zahlung einer Beteiligungsprovision aus den während der Vertragszeit vermittelten

neuen Versicherungsverträgen zu erwarten hätte. Unter Berücksichtigung der Provisionsbestimmungen,

die Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages seien, spreche alles dafür, dass der Kläger

während der Dauer der Vertragszeit für die Vermittlung der neuen Verträge jeweils eine abschließende

Einmalprovision als Abschlussbeteiligungsprovision erhalten habe.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klageziel vollumfänglich weiter. Der Maklerbetreuervertrag

vom 04./09.04.2003 unterliege Handelsvertreterrecht schon deshalb, weil die Parteien dies

selbst durch den Verweis auf §§ 84 ff. HGB bestimmt hätten. Überdies entspreche die Tätigkeit des Klägers

sowohl nach den vertraglichen Vereinbarungen als auch der tatsächlichen Vertragspraxis derjenigen

eines Handelsvertreters i. S. v. § 84 Abs. 1 HGB. Gegenstand eines Handelsvertretervertrages könnten

auch die Vermittlung und der Abschluss von Vertriebsmittlerverträgen sein, z. B. zum Aufbau eines sog.

Strukturvertriebs. Zudem sei die Tätigkeit des Klägers als mitursächlich für den Abschluss der Versicherungsverträge

durch die von ihm angeworbenen Vertriebsmittler anzusehen. Entgegen der Auffassung

des Landgerichts verlange der Kläger gar keine Überhangprovisionen gem. § 87 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1

HGB, sondern Provisionen für während der Vertragslaufzeit abgeschlossene Geschäfte gem. § 87 Abs. 1

Satz 1 HGB. Es sei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde zu legen, die an der Zuführung von

Vertriebsvermittlern durch den Kläger anknüpfe. Die Abschlussbeteiligungsprovisionen seien bereits bedingt

durch die Vermittlung der Geschäftsverbindungen zu den Maklern und Mehrfachagenten entstanden

und durch die Kündigung nicht weggefallen. Da vertraglich kein Provisionsverzicht vorgesehen sei,

könne der Kläger so lange Abschlussbeteiligungsprovisionen verlangen, wie die Verträge mit den von

ihm akquirierten Vertriebsvermittlern liefen und daraus zugunsten der Beklagten Versicherungsverträge

generiert würden. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien diese Provisionsansprüche nicht von

einer fortlaufenden Betreuung der geworbenen Makler und Mehrfachgeneralagenten abhängig. Weder

dem Wortlaut des Maklerbetreuervertrages vom 04./09.04.2003 noch der zwischen den Parteien „gelebten“

Vertragspraxis lasse sich eine entsprechende Einschränkung entnehmen. Die Provisionen seien

allein aufgrund des Vermittlungserfolges der zugeführten Makler und Mehrfachgeneralagenten unabhängig

davon gezahlt worden, ob und in welchem Umfang der Kläger Betreuungsleistungen erbracht habe.

Jedenfalls gingen Auslegungszweifel zu Lasten der Beklagten, da es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen

handle (§ 305c Abs. 2 BGB). Andernfalls hätten die Beklagten es in der Hand, den Provisionsanspruch

des Klägers dadurch zu vereiteln, dass sie das Vertragsverhältnis kündigten, nachdem der

Kläger ihnen erfolgreich mehrere Vertriebsmittler zugeführt habe, bevor diese ihre Vertriebstätigkeit entfaltet

hätten. Bei einer derartigen Auslegung würden die Provisionsbestimmungen den Kläger unangemessen

benachteiligen und müssten als unwirksam gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verworfen werden.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 04.05.2011 – 10 O 221/09 – aufzuheben und die Beklagten

im Wege der Stufenklage zu verurteilen,

a) ihm einen Buchauszug gem. § 87c Abs. 2 HGB zu erteilen, der Auskunft über alle Geschäfte gibt, die

die ihm von den Beklagten während der Laufzeit seines Vertragsverhältnisses unterstellten Makler und

Mehrfachagenten für die Beklagten vermittelt haben und für die die Abschlussbeteiligungsprovision nach

dem 30.09.2006 zur Abrechnung und Zahlung fällig war, wobei der Buchauszug folgende Punkte enthalten

muss:

(1) für die Sparte Lebens-, Berufungsunfähigkeits- und Rentenversicherungen:

– Name und Anschrift des Versicherungsnehmers,

– Nummer des Versicherungsscheins,

– Art der Versicherung (Risikolebensversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung etc.),

– Datum des Antrags,

– Ausstellungsdatum der Police,

– Versicherungsbeginn,

– Laufzeit,

– Beitrag,

– Zahlungsweise,

– provisionspflichtige Summe (Beitragssumme, Bewertungsfaktoren),

– Fälligkeit der Beiträge,

– Provisionsstufe in %o des vermittelnden Maklers oder Mehrfachgeneralagenten,

– Abschlussbeteiligungsprovisionssatz des Klägers,

– Stornohaftungszeit (in Monaten),

– bei Verträgen mit Dynamisierungsklauseln für jede Beitragsanpassung Datum, Umfang und Laufzeit der

Beitragserhöhung, provisionspflichtige Summe, Provisionsstufe in %o des vermittelnden Maklers oder

Mehrfachgeneralagenten und Abschlussbeteiligungsprovisionssatz des Klägers,

– bei Stornierungen deren Datum und Gründe, das Datum der Stornogefahrmitteilung an den vermittelnden

Makler oder Mehrfachgeneralagenten und die ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen (Kundenbesuch

bzw. Kundengespräch mit Datum und Ergebnis),

(2) für Sachversicherungen:

– Sparte (Haftpflicht-, Kraftfahrzeug-, Unfallversicherungen),

– Name und Anschrift des Versicherungsnehmers,

– Nummer des Versicherungsscheins,

– Datum des Antrags,

– Ausstellungsdatum der Police,

– Versicherungsbeginn,

– Jahresprämie (ohne Versicherungssteuer),

– Fälligkeit der Prämie,

– Eingang der Prämie,

– Abschlussbeteiligungsprovisionssatz des Klägers,

– bei Stornierungen deren Datum und Gründe, das Datum der Stornogefahrmitteilung an den vermittelnden

Makler oder Mehrfachgeneralagenten und die ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen (Kundenbesuch

bzw. Kundengespräch mit Datum und Ergebnis).

b) und ihm die sich aus dem Buchauszug ergebenden, noch zu beziffernden Abschlussbeteiligungsprovisionen

zzgl. 5 % Zinsen seit Fälligkeit und Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

seit dem 19.12.2009 zu zahlen,

2. hilfsweise das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 04.05.2011 –

10 O 221/09 – aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, ihm einen Ausgleichsanspruch aus § 89b

HGB in Höhe von 87.291,36 EUR zzgl. 5 % Zinsen vom 01.10.2006 bis zum 16.11.2009 und Verzugszinsen

in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2009 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sind der Ansicht, die Tätigkeit des Klägers unterliege nicht dem Handelsvertreterrecht, soweit sie die

Betreuung von Maklern und Mehrfachgeneralagenten betroffen habe, da sie nicht auf den Abschluss von

Versicherungsverträgen, sondern allein auf die Betreuung von Vertragspartnern der Beklagten ausgerichtet

sei. Sie sei auch nicht mit der Tätigkeit eines Generalvertreters gleichzusetzen, da der Kläger keinerlei

Kontroll- und Aufsichtsbefugnisse über die von ihm betreuten Makler und Mehrfachagenten ausgeübt

habe. Dabei habe es sich nicht um echte oder unechte Untervertreter gehandelt, sondern um selbständige

Handelsmakler i. S. v. § 93 HGB. Jedenfalls könne die Anwerbung und Betreuung von Maklern und

Mehrfachgeneralagenten nicht Anknüpfungspunkt für Provisionsansprüche eines Handelsvertreters gem.

§§ 87 ff. HGB sein. Provisionspflichtig könnten nur Vertragsbeziehungen zwischen dem Unternehmer und

dem Kunden, nicht aber Courtagezusagen oder Agenturverträge mit Maklern und Agenten sein. Schließlich

stünden dem Kläger nach der Vertragsbeendigung keine Provisionsansprüche mehr zu, da er aus

der Betriebsstruktur der Beklagten ausgeschieden und eine Betreuung der dem Kläger unterstellten Makler

und Mehrfachgeneralagenten nicht mehr möglich sei. Diese laufende Betreuung und nicht die Akquise

neuer Vermittler sei die wesentliche, nach dem Maklerbetreuervertrag vom 04./09.04.2003 geschuldete

Leistung, die auch in der tatsächlich „gelebten“ Umsetzung des Vertrages im Vordergrund gestanden

habe. Der Kläger habe als „Maklerbetreuer“ die Funktion des früheren „Orgaleiters“ übernommen, dessen

Kernaufgabe die Unterweisung und Betreuung der ihm unterstellten Vermittler gewesen sei und der daher

auch nur bis zur Beendigung seiner Tätigkeit vergütet wurde, solange er diese Leistung noch erbringen

konnte. Die Tätigkeit des Klägers unterscheide sich davon lediglich dadurch, dass er den ihm zugeordneten

Vermittlern gegenüber nicht weisungsbefugt sei, woraus indes eine Rechtfertigung für eine

unterschiedliche Vergütung nicht herzuleiten sei. Dass auch bei den „Maklerbetreuern“ die Betreuungstätigkeit

das einzige Vergütungskriterium sei, zeigten die Provisionsbestimmungen, die nicht zwischen den

Vermittlern unterschieden, die der Kläger angeworben habe, und jenen, die ihm bereits zu Beginn seiner

Tätigkeit für die Beklagten zugeordnet gewesen seien. Wenn überhaupt, dann könne der Kläger den

Buchauszug nur für die von ihm zugeführten Makler und Mehrfachgeneralagenten verlangen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll zur.

mündlichen Verhandlung vom 12.07.2012 einschließlich des Berichterstattervermerks Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520

ZPO), und teilweise auch begründet.

1. Der Kläger hat Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges für die von ihm akquirierten Makler und

Mehrfachgeneralagenten aus § 87c Abs. 2 HGB.

a) Der Kläger ist Handelsvertreter i. S. v. § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB. Er ist aufgrund des Maklerbetreuervertrages

vom 04./09.04.2003 als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut gewesen, für die

Beklagten Geschäfte zu vermitteln, nämlich „Verbindungen zu geeigneten Maklern und Mehrfachgeneralagenten

mit dem Ziel herzustellen, dass diese in vertragliche Beziehungen zu den VB-Unternehmen [den

Beklagten] treten und für die VB-Unternehmen Versicherungen vermitteln“ (Ziff. II. Abs. 1 S. 1 des Vertrages).

Gegenstand eines Handelsvertretervertrages kann auch die Vermittlung von Dienstleistungen sein

(MüKoHGB- von Hoyningen-Huene, 3. Aufl. 2008, § 84 Rn. 61; Küstner/Thume-Schürr, Handbuch des

gesamten Vertriebsrechts, Bd. 1, 4. Aufl. 2012, Kap. I Rn. 38). Die vom Kläger i. S. v. §§ 84 Abs. 1 Satz 1,

86 Abs. 1 HGB vermittelten Geschäfte sind die Rechtsbeziehungen, die die Beklagten mit den vom Kläger

akquirierten Maklern und Mehrfachgeneralagenten eingegangen sind. Der Vertreter der Beklagten hat

in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erläutert, dass durch das Modell des Maklerbetreuers der

klassische „Orgaleiter“ abgelöst worden sei, der selbst noch in nennenswertem Umfang operativ im

Rahmen der Vertragsvermittlung tätig geworden sei. Die vom Maklerbetreuer .angeworbenen Vermittler

würden auf ihre Eignung geprüft und im Erfolgsfall im System der Beklagten registriert und mit einer

Agenturnummer geführt, wenn auch die Makler im Gegensatz zu den Mehrfachgeneralagenten anschließend

dem Einfluss der Beklagten weitgehend entzogen seien. Dies macht deutlich, dass durch die Vermittlungstätigkeit

des Klägers entweder bereits Maklerverträge i. S. v. § 652 BGB bzw. § 93 HGB oder

zumindest rahmenvertragliche Rechtsbeziehungen zwischen den Maklern und Mehrfachgeneralagenten

auf der einen und den Beklagten auf der anderen Seite zustande gekommen sind, die wiederum im Einzelfall

Grundlage für den späteren Abschluss von Versicherungsmakler- bzw. Versicherungsvertreterverträgen

geworden sind.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass das bloße Schaffen von Geschäftsbeziehungen, Kontaktpflege und

Kundenbetreuung ohne Vermittlung von Einzelgeschäften nicht die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1

Satz 1 HGB erfüllt, sondern nur dem Dienstvertragsrecht unterfällt (Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. 2012,

§ 84 Rn. 23; BGH, Urt. 19.05.1982 – 1 ZR 68/80 – NJW 1983, 42, unter II. 2.). Der Kläger leitet seine Provisionsansprüche

nicht unter dem Gesichtspunkt der Mitverursachung mittelbar aus den Vertragsabschlüssen

her, die die ihm zugeordneten Vermittler erzielt haben, sondern unmittelbar aus der vertraglichen

Beziehung der Beklagten zu den Maklern und Mehrfachgeneralagenten, die er angeworben hat.

Deren Geschäftsabschlüsse sind nicht für das Entstehen des Provisionsanspruchs von Belang, sondern

nach den Provisionsbestimmungen der Beklagten lediglich für die Höhe der Abschlussbeteiligungsprovisionen

maßgeblich.

Von einem entsprechenden Verständnis sind die Parteien bei Abschluss des Handelsvertretervertrages

vom 04./09.04.2003 auch ausgegangen. Dies ergibt sich bereits aus dem Titel des Vertrages „für selbständige

Maklerbetreuer“ und der ausdrücklichen Bezugnahme auf die §§ 84 ff. HGB in der Präambel

unter Ziff. I. des Vertrages, die erkennbar der Klarstellung der rechtlichen Grundlagen der rechtlichen

Beziehungen der Parteien diente und nicht – wie die Beklagte meint – lediglich der Abgrenzung zu einer

abhängigen Beschäftigung als Arbeitnehmer oder eine Tätigkeit mit Weisungsbefugnis gegenüber den

Vermittlern wie der frühere „Orgaleiter“. Die Bezeichnung als „Maklerbetreuer“ und die Beschreibung der

weiteren Leistungspflicht in Ziff. II Abs. 1 S. 2 des Vertrages, wonach der Kläger „darüber hinaus […] die

laufende Betreuung der durch seine Mitwirkung […] tätig gewordenen Makler und Mehrfachgeneralagenten“

schuldete, sowie die Formulierung in den Provisionsbestimmungen, dass die Abschlussbeteiligungsprovisionen

„für alle durch Vermittler der ihm unterstellten Organisation vermittelten Versicherungen“

gezahlt werden, stehen der Anwendbarkeit des Handelsvertreterrechts nicht entgegen, sondern

belegen nur, dass die Tätigkeit des Klägers mit den Elementen der Akquise und Betreuung bifunktional

ausgestaltet war. Allein der Aspekt der Zuführung neuer Vermittler unterfällt jedenfalls dem Regime der §§

84 ff. HGB, ohne dass es darauf ankommt, worauf nach der vertraglichen Konzeption oder der „gelebten“

Vertragspraxis der tatsächliche Tätigkeitsschwerpunkt gelegen hat.

b) Für die Zuführung neuer Vermittler während der Vertragslaufzeit kann der Kläger auch nach Beendigung

des Vertragsverhältnisses zum 30.09.2006 gem. §§ 87 Abs. 1 Satz 1, 87a Abs. 1 Satz 1 HGB weiterhin

Provisionen verlangen.

Die Zuführung der Makler und Mehrfachgeneralagenten ist ein während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenes

Geschäft i. S. v. § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB, das auf die Tätigkeit des Klägers zurückzuführen

ist. Die vertragliche Beziehung der Vermittler mit den Beklagten ist während des Bestehens des Handelsvertreterverhältnisses

zustande gekommen, und zwar unabhängig davon, wann die Versicherungsverträge

zustande kommen, die von den Maklern oder Mehrfachgeneralagenten nachgewiesen oder vermittelt

werden. Demnach kann der Kläger für die Akquise eines jeden Vermittlers Provision verlangen, auch

wenn und soweit dieser erst nach seinem Ausscheiden zum 30.09.2006 die Produkte der Beklagten vermarktet

hat. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt es daher auch nicht auf die Voraussetzungen

des § 87 Abs. 3 HGB an. Das provisionspflichtige Geschäft ist bereits die Herstellung der Verbindung

zwischen den Vermittlern und den Beklagten; daher handelt es sich nicht um Überhangprovisionen,

die für nach Vertragsbeendigung abgeschlossene Geschäfte zu gewähren sind. Durch die von den Vermittlern

erzielten Abschlüsse, die auch nach Vertragsbeendigung stattfinden können, bemisst sich lediglich

die Höhe der vom Kläger bereits während der Vertragslaufzeit verdienten Provision für die Zuführung

des jeweiligen Vermittlers. Dies hat zwar zur Folge, dass der Kläger ohne zeitliche Begrenzung Provisionen

verdient, solange die von ihm angeworbenen Makler und Mehrfachgeneralagenten für die Beklagten

tätig sind. Aus diesem Umstand ergibt sich jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten schon deshalb

kein Gesichtspunkt, der gegen die Zuerkennung des Provisionsanspruchs spricht, da in dem Handelsvertretervertrag

gerade keine zeitliche Beschränkung der nach Vertragsbeendigung zu zahlenden

Provisionen vereinbart worden ist. Den Parteien hätte es frei gestanden, in die Provisionsbestimmungen

auf diesen Fall ausgerichtete Vergütungsregelungen aufzunehmen oder eine in den Grenzen der § 87a

Abs. 5 HGB zulässige Provisionsverzichtsklausel zu vereinbaren, wie dies gerade im Versicherungsgewerbe

verbreitet und üblich ist (vgl. Graf von Westphalen, Provisionsverzichtsklauseln im Spannungsverhältnis

zum Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters, DB 2003, 2319 ff.).

Dass der Kläger nach dem Maklerbetreuungsvertrag vom 04./09.04.2003 auch zur Betreuung der ihm

unterstellten Vermittler verpflichtet war, die nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht mehr möglich

und geschuldet ist, steht entgegen der Auffassung des Landgerichts den Provisionsansprüchen nicht

dem Grunde nach entgegen, sondern wirkt sich (allenfalls) auf ihre Höhe aus. Die Frage, ob die dem

Kläger zustehenden Abschlussbeteiligungsprovisionen unter dem Aspekt des Wegfalls der Betreuungspflicht

um einen Verwaltungsanteil zu kürzen sind, betrifft allein die zweite Stufe der Klage, über die nach

Erteilung des Buchauszuges zunächst das Landgericht zu verhandeln und entscheiden hat.

c) Demnach kann der Kläger gem. § 87c Abs. 2 HGB die Erteilung eines Buchauszuges für sämtliche

Geschäfte verlangen, die die von ihm während der Vertragslaufzeit angeworbenen Makler und Mehrfachgeneralagenten

vermittelt haben.

aa) Er muss sich nicht – wie das Landgericht erwogen hat – auf einen Anspruch auf Abrechnung aus §

87c Abs. 1 HGB verweisen lassen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats und der herrschenden

Meinung im Schrifttum ist zwar eine vorherige Abrechnung Voraussetzung für die Erteilung des Buchauszugs,

die jedoch als gegeben anzusehen ist, wenn der Unternehmer erklärt, die zu erstellende Abrechnung

ergebe für den fraglichen Zeitraum keine Provisionsansprüche zugunsten des Handelsvertreters

und dieser diese Mitteilung als Provisionsabrechnung hinnimmt (Senat, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/07 –

BeckRS 2010, 02540, unter IV. 1., Rn. 106; Baumbach/Hopt, a.a.O., § 87c Rn. 18; Löwisch, a.a.O., § 87c

Rn. 67; Kästner/ Thume- Riemer, a.a.O., Kap. VI Rn. 103 m.w.N.). Nicht anders ist der vorliegende Fall zu

beurteilen, in dem die Beklagten in Abrede gestellt haben, dass dem Kläger für die Zeit nach Vertragsbeendigung

überhaupt noch Provisionsansprüche zustehen und im Hinblick darauf keine Abrechnung erteilt

haben.

bb) Dem Umfang nach ist der mit dem Klageantrag zu 1. a) geltend gemachte Auskunftsanspruch im

Wesentlichen begründet.

In den Buchauszug sind sämtliche Angaben aufzunehmen, die sich aus den verfügbaren schriftlichen

Unterlagen über die fraglichen Geschäfte ergeben und nach der getroffenen Provisionsvereinbarung für

die Berechnung der Provision von Bedeutung sein können (BGH, Urt. v. 21.03.2001 – VIII ZR 149/99 –

NJW 2001, 2333, 2334, Baumbach/Hopt, a.a.O., § 87a Rn. 15; Löwisch, a.a.O., § 87a Rn. 68, jew.

m.w.N.). Demnach kann der Kläger insbesondere sämtliche Details über die Versicherungsverträge verlangen,

die die von ihm akquirierten Vermittler abgeschlossen haben, die nach den Provisionsbestimmungen

der Beklagten für die Berechnung der Abschlussbeteiligungsprovisionen maßgeblich sind, namentlich

um welche Art von Versicherungsvertrag es sich handelt (Lebens- oder Sachversicherung), mit

welcher Beitragssumme und Laufzeit der Vertrag geschlossen worden ist und in welche Provisionsstufe

der vermittelnde Makler oder Mehrfachgeneralagent eingruppiert ist, da die Höhe der Abschlussbeteiligungsprovisionen

auch von dem Provisionssatz abhängig ist, der dem Vermittler gegenüber den Beklagten

vertraglich zusteht.

Nicht in den Buchauszug aufzunehmen ist dagegen der Provisionssatz; ihn muss der Vertreter anhand

der übrigen Angaben selbst errechnen (Baumbach/Hopt, a.a.O., § 87c Rn. 15). Insoweit war daher nicht

nach dem Klageantrag zu erkennen.

Zudem vermag der Senat eine rechtliche Grundlage für die Mitteilung der Stornogefahrmitteilungen und

Bestandserhaltungsmaßnahmen nicht zu erkennen. Während ein Versicherungsvertreter durch die Stornogefahrmitteilung

Gelegenheit zur Nachbearbeitung notleidender Verträge erhält, um trotz der Stornierung

noch eine Provision ins Verdienen zu bringen (vgl. Baumbach/Hopt, a.a.O., § 87a Rn. 27 m.w.N.), ist

die Situation bei (Versicherungs-) Maklern i. S. v. § 93 HGB grundlegend anders, deren Provisionsansprüche

von der nachträglichen Stornierung des Hauptvertrages nicht berührt werden. Dass für die dem

Kläger zustehenden Abschlussbeteiligungsprovisionen, die sich aus den Geschäftsabschlüssen der ihm

zugeordneten Vermittler ergeben, etwas anderes gilt, ergibt sich weder aus den Provisionsbestimmungen

des Vertrages vom 04./09.04.2003 noch aus dem sonstigen Vorbringen des Klägers.

2. Die auf Erteilung eines weitergehenden Buchauszugs gerichtete Berufung war dagegen als unbegründet

zurückzuweisen. Über die von den übrigen Vermittlern geschlossenen Geschäfte, die der Kläger bereits

bei Begründung des Handelsvertreterverhältnisses vorgefunden hat und deren Betreuung ihm oblag,

kann der Kläger keinen Buchauszug gem. § 87c Abs. 2 HGB verlangen, da in Bezug auf diese nach

Vertragsbeendigung keine Provisionsansprüche mehr in Betracht kommen.

Die Makler und Mehrfachgeneralagenten, die der Kläger nicht selbst angeworben hat, die ihm aber

gleichwohl in der Betriebsstruktur der Beklagten zugeordnet waren, hatte er nach dem Maklerbetreuervertrag

vom 04./09.04.2003 lediglich zu betreuen. Damit schuldete er den Beklagten nur eine Dienstleistung

i. S. v. §§ 611 Abs. 2, 675 Abs. 1 BGB und hat ihnen kein provisionspflichtiges Geschäft i. S. v. §§ 87

Abs. 1 Satz 1, 87a Abs. 1 Satz 1 HGB vermittelt. Für die Betreuung ohne gleichzeitige Zuführung kann

der Kläger gem. §§ 611 Abs. 1, 614 BGB Vergütung nur bis zum Wirksamwerden der Kündigung vom

01.06.2006, also nicht mehr für die Zeit nach dem 30.09.2006 verlangen. Dies gilt unabhängig davon, ob

und in welchem Umfang die Tätigkeit des Klägers bei den Vermittlern zu einer Umsatzsteigerung geführt

hat. Dieser Gesichtspunkt mag es – wie der Kläger meint – im Einzelfall gerechtfertigt erscheinen lassen,

von einer Intensivierung i. S. v. § 89b Abs. 1 Satz 2 HGB auszugehen; dies ist jedoch nur für den Umfang

des Ausgleichsanspruchs aus § 89b Abs. 1 Satz 1 HGB von Belang und führt nicht zur Begründung von

Provisionsansprüchen gem. §§ 87, 87a HGB. Den Ausgleichsanspruch aus § 89b Abs. 1 Satz 1 HGB hat

der Kläger jedoch nur hilfsweise geltend gemacht, und über den Hilfsantrag hatte der Senat nicht zu

entscheiden, nachdem bereits dem Hauptantrag (teilweise) stattzugeben war.

3. Demnach waren .die Beklagten, die für die Erteilung des Buchauszuges gem. § 421 BGB gesamtschuldnerisch

haften, auf der ersten Auskunftsstufe der Klage nach § 254 ZPO zu verurteilen. Insoweit

war das Urteil des Landgerichts abzuändern und im Übrigen aufzuheben und der Rechtsstreit im Umfang

der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung in entsprechender Anwendung von § 538

Abs. 2 Nr. 4, 2. Alt. ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen (vgl. BGH, Urt. v. 22.05.1981 – I ZR 34/79

– NJW 1982, 235, 236, unter II. 4., juris, Rn. 50); Urt. v. 03.05.2006 – VIII ZR 168/05 – NJW 2006, 2626,

2627, Rn. 13 ff.; Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 254 Rn. 13; § 538 Rn. 48).

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 11,

713 ZPO.

Im Rahmen der Kostenentscheidung ist der Senat – ausgehend von der Gegenüberstellung der vom

Kläger neu akquirierten mit den seiner Ansicht nach i. S. v. § 89b Abs. 1 Satz 2 HGB intensivierten Vermittlern

in der Anlage K 9 zum Schriftsatz vom 24.09.2010 – davon ausgegangen, dass die auf die vom

Kläger zugeführten Vermittler entfallenden Umsätze mit dem von ihm übernornmenen Bestand quantitativ

in etwa gleichwertig sind.

Gründe für die Zulassung der Revision vermochte der Senat nicht zu erkennen. Die Sache hat weder

grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des

Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 543 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1,

Nr. 2 ZPO). Sie betrifft durch die Ausgestaltung in dem Maklerbetreuervertrag vom 04./09.042003 einen

besonders gelagerten Einzelfall und gibt keinen Anlass, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen

des materiellen Rechts oder des Prozessrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen.

Weder die angefochtene Entscheidung des Landgerichts noch die Rechtsauffassung des Senats

weichen von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

Neu ist nicht immer ganz neu: EuGH stärkt Rechte des Handelsvertreters beim Ausgleichsanspruch

Gegenstand einer aktuellen Entscheidung des EuGH vom  07.04.2016 unter dem Aktenzeichen C-315/14 war die Frage, wann ein Kunde als „neu“ im Sinne des Ausgleichsanspruchs gilt.

Kläger ist ein Handelsvertreter, Beklagte ist Großhändlerin und handelt unter anderem mit Brillengestellen verschiedener Marken, die sie durch Handelsvertreter an Optiker vertreiben lässt. Zu Beginn eines Vertragsverhältnisses wurden dem Handelsvertreter bereits viele Kunden überlassen, die jedoch ursprünglich nicht die Marken kauften, die der klagende Handelsvertreter anbot, sondern andere Marken aus dem hause der Beklagten. Der Handelsvertreter war ein Optiker, der nur eine bestimmte Marke von Gestellen vertreiben durfte. Dazu wurde ihm zu Beginn eine Liste mit Kunden überreicht, die zwar schon Kunden seien, aber ausschließlich andere Marken bezogen hatten.

Der EuGH sagte, dass dies Neukunden seien und legte die Richtlinie handelsvertreterfreundlich aus.

Artikel 17 Abs. 2 der EU-Richtlinie 86/653/EWG regelt, dass der Handelsvertreter Anspruch auf einen Ausgleich hat, wenn und soweit er für den Unternehmer neue Kunden geworben oder die Geschäftsverbindungen mit vorhandenen Kunden wesentlich erweitert hat ….

„Art. 17 II der Handelsvertreterrichtlinie (RL 86/653/EWG) ist dahin auszulegen, dass die von einem Handelsvertreter für Waren geworbene Kunden, mit deren Vertrieb ihn der Unternehmer beauftragt hat, auch dann als neue Kunden anzusehen sind, wenn sie bereits wegen anderer Waren Geschäftsverbindungen mit dem Unternehmer unterhielten, sofern der Verkauf der erstgenannten Waren durch diesen Handelsvertreter die Begründung einer speziellen Geschäftsverbindung erfordert hat“ .

Übrigens: Wenn der EuGH vom Schadenersatz schreibt, meint er eigentlich den Ausgleichsanspruch. Er bezeichnet diesen nur anders als die deutsche Gesetzgebung. Die europ. Richtlinie stellt den Gesetzgebern die Wahl frei.

OLG Hamm zu Ausgleichsansprüchen bei Tankstellenbetreibern

Versicherungsvertreter sind bei der Berechnung von Ausgleichsansprüchen gegenüber Warenvertretern in mancher Hinsicht benachteiligt. Es gibt für Versicherungsvertreter keine genauen Berechnungsgrundlagen (Ausnahme die „Grundsätze“). Mit Neid blickt man da auf den Handelsvertreter, der waren verkauft. Dass dieser Blick eine Fehleinschätzung ist und dass die Berechnung von Ausgleichsansprüchen voller Fallstricke ist, zeigt jetzt eine Entscheidung des OLG Hamm vom 21.1.2016.

Es geht allgemein um die Frage, ob einem Franchisenehmer Ausgleichsansprüche zustehen, ob es einen Ausgleich für das Ladengeschäft gibt und für die Waschstraße, für Geschäfte mit überwiegend anonymen Kunden also.  Erstinstanzlich wurden Ausgleichsansprüche für die Waschstraße und den Shop abgewiesen. Das Urteil wurde durch das OLG bestätigt.

Hier ein paar Auszüge der Entscheidung:

1. Waschstraße

„Der Kläger hat die Waschanlage gem. Ziff. 17.2 des Tankstellenvertrags im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betrieben. Er war insoweit nicht Handelsvertreter der Beklagten, mag diese ihr auch die Waschanlage gestellt haben, so dass sich der Kläger nicht auf die Regelung des § 89 b HGB in direkter Anwendung berufen kann. Anders läge es nur dann, wenn das sog. Waschgeschäft eine im Hinblick auf das eigentliche Tankstellengeschäft, also den Verkauf von Kraft- und Schmierstoffen („Agenturwaren“), solchermaßen unselbstständige Betätigung darstellte, dass trotz der vom Agenturgeschäft gesonderten rechtlichen Ausgestaltung als „Eigengeschäft“ eine Differenzierung im Hinblick auf einen Ausgleichsanspruch nicht hinnehmbar wäre oder gar als unzulässiger Ausschluss eines Ausgleichsanspruchs gem. § 89 b Abs. 4 S. 1 HGB aufzufassen wäre.

Für eine solche Betrachtungsweise fehlt es jedoch an tragfähigen Anhaltspunkten. Der Betrieb der Waschanlage mag in das Marketingkonzept der Beklagten gehören, doch ändert dies nichts daran, dass der eigentliche Tankstellenbetrieb davon rechtlich und tatsächlich unabhängig ist. Die Vorhaltung der Waschanlage stellte auch im Rahmen des Tankstellenvertrags mit dem Kläger ein zusätzliches Serviceangebot an Autofahrer dar, das für den Pächter mit spezifischen Chancen und Risiken verbunden ist, die beim eigentlichen „Tankgeschäft“ nicht auftreten. Entscheiden sich die Vertragspartner bei dieser Sachlage dazu, dass der Pächter das Waschgeschäft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betreibt, schließt es diese Regelung aus, den Pächter gleichwohl auch insoweit als Handelsvertreter anzusehen.

Indes kann nach herrschender Auffassung auch die Absatztätigkeit eines Vertrags- oder Eigenhändlers zu Ausgleichsansprüchen in entsprechender Anwendung des § 89 b Abs. 1 HGB führen (z.B. BGH, Urt. vom 5.2.2015, Az. VII ZR 315/13, NJW 2015, S. 1300, Rn. 11; Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 84 HGB Rn. 11ff.; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Löwisch, HGB, 3. Aufl., § 89 b, Rn. 213). Die Entstehung eines solchen Ausgleichsanspruchs erfordert jedoch zum einen die Eingliederung in die Absatzorganisation des Herstellers/Lieferanten dergestalt, dass der Partner bzw. Vertragshändler/Franchisenehmer „wirtschaftlich in erheblichem Umfang einem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat“, und setzt zum anderen die Verpflichtung voraus, dem Unternehmer spätestens bei Vertragsende den Kundenstamm zu übertragen, so dass sich dieser die „Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann“ (BGH, Urt. vom 22.10.2003, Az. VIII ZR 6/03, NJW-RR 2004, S. 898; Urt. vom 5.2.2015, Az. VII ZR 315/13, a.a.O.).

Ferner hat der Bundesgerichtshof, der zunächst offengelassen hatte, ob beim Franchising anstelle der rechtlichen Verpflichtung das tatsächliche Verbleiben des Kundenstammes beim Franchisenehmer ausreicht (NJW 1997, 3304 – „Benetton“), im soeben genannten Urteil vom 5.2.2015 (Az. VII ZR 109/13) festgestellt, dass bei Franchiseverträgen, die ein im Wesentlichen anonymes Massengeschäft betreffen, eine bloß faktische Kontinuität des Kundenstammes nach Vertragsbeendigung die entsprechende Anwendung der auf Handelsvertreter zugeschnittenen Bestimmung des § 89 b HGB nicht rechtfertigt. Diese Entscheidung betraf Ausgleichsansprüche aus dem Betrieb zweier Backshops im Rahmen eines Franchisesystems. Sie ist jedoch auch auf den vorliegenden Fall anwendbar:

Auch bei dem Betrieb der Autowaschanlage auf der Station Am Südring in E handelte es sich um ein anonymes Massengeschäft im Sinne des Bundesgerichtshofs. Da der Kläger zu einer „Übertragung des Kundenstamms“ der Waschanlage nicht verpflichtet war, eine solche nicht vornehmen konnte und auch nicht vorgenommen hat, scheitern Ausgleichsansprüche für das Waschgeschäft bereits aus diesem Grund.

Soweit der Kläger im Rahmen des Betriebs der Waschanlage „Waschkarten“ (mit dem Versprechen einer Gratiswäsche nach einer bestimmten Anzahl von Wäschen) ausgegeben sowie (Wasch-)Umsätze auch mit sog. Stationskreditkunden erzielt hat, ergibt sich daraus auch nicht teilweise eine andere rechtliche Bewertung: Denn die Ausgabe von Waschkarten selbst führt nur zu einer faktischen Bindung der betreffenden Kunden; diese selbst bleiben anonym.

Aus solchen „Kundenbindungsmechanismen“ folgt jedenfalls keine Verpflichtung des Pächters, den Kundenstamm zu übertragen, die für die Existenz eines Ausgleichsanspruchs entscheidend ist (BGH, a.a.O., Az. VII ZR 109/13 Rn. 14). An dieser Verpflichtung fehlt es auch bezüglich der Stationskreditkunden. Die Beziehung zu ihnen wird und darf der Pächter mit Aufgabe der Station beenden. Eine Verpflichtung, diese Geschäftsverbindungen „weiterzugeben“, ist im Tankstellenvertrag nicht enthalten. Im Übrigen scheitert eine entsprechende Anwendung des § 89 b HGB auf den Franchisenehmer bereits dann, wenn der von ihm geworbene Kundenstamm im Wesentlichen anonym und als solcher nicht ohne weiteres für den Franchisegeber nutzbar ist (BGH, a.a.O, Rn. 18). Da die Umsätze des Klägers mit Stationskreditkunden deutlich unter 1 % der Gesamtumsätze (sowohl im Wasch- als auch im Shopgeschäft) lagen, handelte es sich bei der gebotenen Gesamtbetrachtung um einen im wesentlichen anonymen Kundenstamm.“

2. Shop

„Auch hier scheitert ein Ausgleichsanspruch in direkter Anwendung des § 89 b HGB, weil der Kläger die Shopwaren im eigenen Namen verkauft hat.

Er kann sich indes auch nicht auf eine entsprechende Anwendung des § 89 b HGB berufen. Das Shopgeschäft stellte, wie der Kläger selbst ausführt, ein sog. Systemgeschäft dar, so dass er insoweit durchaus als Franchisenehmer anzusehen ist. Als solcher kann er nur zu einem Ausgleichsanspruch gelangen, wenn eine Übertragung des Kundenstammes auf die Beklagte sichergestellt war. Auch hier ergab sich allenfalls eine faktische Kontinuität des Kundenstammes, die bei einem anonymen Massengeschäft, wie es der Umsatz im Shopsortiment darstellt, nicht ausreicht (BGH, Urt. vom 5.2.2015, Az. VII ZR 109/13). Die Existenz von Stationskreditkunden führt, wie dargelegt, nicht zu einer anderen Bewertung. Die Gründe, aus denen ein Ausgleich zu versagen ist, gelten auch insoweit, als der Kläger für die Beklagte gelegentlich Kommissionsware (genannt sind insoweit Sonnenbrillen) verkaufte.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Ermittlung des Ausgleichsanspruchs durch den Kläger, die er offensichtlich auf der Grundlage der Shop-Umsätze vorgenommen hat, der Notwendigkeit, händlertypische Vergütungsbestandteile zu eliminieren (z.B. BGH, Urt. vom 6.10.2010, Az. VIII ZR 209/07, NJW 2011, S. 848), nicht Rechnung trägt. Die dem Kläger von der Beklagten gewährten Margen waren offensichtlich so bemessen, daraus sowohl einen Teil der Standortpacht als auch Umsatzpacht zahlen zu können. Zumindest solche Vergütungsbestandteile können jedoch händlertypischen Charakter annehmen, weil es dem Händler – anders als dem Handelsvertreter – selbst obliegt, das Verkaufslokal vorzuhalten und etwa damit verbundene Kosten zu tragen.“

BGH: Ausgliederndes Unternehmen haftet für den Ausgleichsanspruch

Wie schon am 22.9.2015 hier im Blog beschrieben, hat der BGH entschieden, dass das ausgliedernde Unternehmen für den Ausgleichsanspruch haftet.

In einer sehr interessanten Entscheidung widmet sich der BGH vielen rechtlichen Fragen zur Ausgliederung und zum Ausgleichsanspruch. In der Entscheidung geht es auch um die Fragen, ob dem Handelsvertreter ein Vetorecht gegen „seine“ Ausgliederung zusteht (ähnlich wie bei einem Arbeitnehmer), ob eine Kündigung in diesem Fall wirksam ist u.s.w..

Die Kernaussage des BGH zum Ausgleichsanspruch lautet:

„Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Ausgleichsverbindlichkeit nach § 89b HGB im Streitfall vor dem Wirksamwerden der Ausgliederung begründet worden, weshalb es sich bei der Ausgleichsverbindlichkeit um eine Verbindlichkeit im Sinne des § 133 Abs. 1 UmwG handelt. Diese Verbindlichkeit resultiert aus dem vor dem Wirksamwerden der Ausgliederung geschlossenen Agenturvertrag, bei dem es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt. Nicht erforderlich für die Haftung nach § 133 Abs. 1 UmwG ist, dass der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausgliederung bereits entstanden war (vgl. BAG, NZA 2015, 106 Rn. 48, zur Abspaltung).“

BGH vom 13.8.2015 Az VII ZR 90/14

BGH erkennt gesamtschulderische Haftung bei Ausgleichsanspruch

Ein ehemaliger Vertriebsmitarbeiter der AachenMünchener Lebensversicherung streitet um seine Ausgleichszahlung.

Der Versicherungsvertreter war für viele Jahre an die AachenMünchener als Handelsvertreter angeschlossen. Die AachenMünchener verkaufte vor einigen Jahren ihren Außenvertrieb an die Deutsche Vermögensberatung Allfinanz. Der Versicherungsvertreter wollte diesen Wechsel nicht mitmachen.

Bis heute bemühte er sich um Klärung, wer denn nun von beiden – AachenMünchener oder DVAG Allfinanz – für die Zahlung des Ausgleichsanspruches zuständig ist.

Zunächst wurde die Allfinanz gerichtlich in Anspruch genommen. In Frankfurt am Main entschieden die Gerichte jedoch, dass – trotz von der Allfinanz behaupteten Ausgliederung des Vertriebes – ein Vertrag zwischen dem Handelsvertreter und der Allfinanz nicht zustande gekommen sein soll.

Anschließend wandte sich der Handelsvertreter an die AachenMünchener. Nachdem diese auch nicht zahlen wollte, wurde Klage erhoben.

In der ersten Instanz scheiterte der Handelsvertreter. In der zweiten Instanz meinte das Oberlandesgericht Köln, dass die AachenMünchener – trotz Ausgliederung – für den Ausgleichsanspruch – gesamtschuldnerisch – haften müsse.

Dieses wollte die AachenMünchener nicht einsehen und wandte sich nach diesem Urteilsspruch im Rahmen der Revision an den Bundesgerichtshof. Der Bundesgerichtshof gab bei dieser Frage nunmehr überwiegend dem Handelsvertreter Recht. Er meinte, dass es sich bei den Ausgleichsansprüchen um überwiegend schon während der Vertragslaufzeit erworbene Ansprüche handelt, für die dann auch das ursprüngliche Vertragsunternehmen (hier AachenMünchener) zuständig sei.

Der Handelsvertreter begehrte zudem Schadenersatz. Dieser wurde von allen Instanzen zurückgewiesen.

Nunmehr wurde der Rechtsstreit zur Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruches an das Oberlandesgericht zurückgegeben.

Die Ausgliederung des Stamm-/Ausschließlichkeitsvertriebes der AachenMünchener auf die Allfinanz Deutsche Vermögensberatung AG erfolgte gemäß Vertrag im Dezember 2007. Ausgliederungsstichtag war der 01.07.2007.

Lange Prozessdauer

Die WELT berichtete kürzlich, dass sich ein griechischer Anwalt darüber beschwert hatte, dass er in einem neuen Zivilverfahren einen Gerichtstermin erhalten hatte, und zwar für das Jahr 2031 (in Worten zweitausendeinunddreißig).

Die WELT mutmaßte darüber, dass die Richter, die diesen Gerichtstermin wahrnehmen werden, ja noch nicht einmal mit dem Jurastudium begonnen hatten. Die Richter aus dem Jahr 2031 müssten wohl heute noch Schüler sein.

Diese langen Verfahren haben wir in Deutschland Gott sei Dank nicht. Verfahren über mehrere Instanzen dauern jedoch auch hier mitunter mehr als acht Jahre und haben dann immer noch kein Ende gefunden. Dies ist traurig genug, gerade dann, wenn es um den Ausgleichsansprüche geht, die der Handelsvertreter nach Renteneintritt geltend macht. Über dieses langwierige Verfahren berichte ich morgen.

Begrenzung des Ausgleichsanspruch europarechtswidrig

Die ehemals gemäß HGB verankerte Begrenzung der Provisionsansprüche ist europarechtswidrig.

Breits am 26.03.2009 hatte der Europäische Gerichtshof unter dem Aktenzeichen C–348/07 entschieden, dass die Begrenzung des Ausgleichsanspruchs bei Handelsvertretern gemäß § 89b HGB auf die Höhe der verlorenen Provisionsansprüche europarechtswidrig ist. Darin liegt ein Verstoß gegen die EU-Handelsvertreterrichtlinie (86/653/EWG), auf der § 89b HGB basiert und die einem Handelsvertreter einen Ausgleich gewährt, wenn der Unternehmer dessen Vertragsverhältnis kündigt.

Interessant ist, dass schon bei konzerninternen Umstrukturierungen die Finanzverwaltung (also das Finanzamt) einen Ausgleichsanspruch annimmt und eine Korrektur der Einkünfte des verbundenen Unternehmen eigenständig vornimmt indem es diese um einen fremdüblichen Ausgleich auf Grundlage des  § 89b HGB analog erhöht und dann besteuert. Auch stellt der Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB einen Schadenersatz-, Entschädigungs- bzw. Ausgleichsanspruch im Sinne von § 8 Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV) dar. Auch hier wird der Ausgleichsanspruch als spezielle steuerrechtliche Regelung herangezogen.

Mithin wirkt sich die neue Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes auch steuerrechtlich aus.

Nach § 89b HGB Abs. 1 Satz 1 HGB kann der Handelsvertreter von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und insoweit

1.  der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat

2. Der Handelsvertreter infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses Provisionsansprüche verliert, die er bei dessen Fortsetzung aus bereits abgeschlossenen oder künftig zustande gekommenen Geschäften mit den von ihm geworbenen Kunden hätte und

3. Die Zahlung des Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht.

Aus dem Wortlaut „wenn usw.“ schließt die Rechtsprechung teilweise, dass alle Voraussetzungen kumulativ gegeben sein müssen. Nur wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, gibt es den Ausgleichsanspruch und nur „soweit“ bis zum jeweils geringeren Betrag. Der Ausgleich könne also nicht höher sein als der niedrigste Betrag der drei Nummern (Hopt in Baumbach/ Hopt, HGB Kommentar § 89b Randnr. 45, EUGH 26.03.2009 C-348/07).

In einem weiteren Schritt wird dieser nach Abs. 1 ermittelte Betrag in Absatz 2 gemessen und begrenzt. § 89b Abs. 2 stellt mithin eine Deckelung bzw. Kappungsgrenze dar. In § 89b Abs. 2 steht, dass der Ausgleich höchstens einen nach dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung beträgt. Die Obergrenze ist also die Jahresprovision, die nach dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre berechnet wird.

Die EU-Handelsvertreterrichtlinie gibt den Mitgliedsstaaten vor, entweder nach Artikel 17 Abs. 2 einen Ausgleichsanspruch oder nach Art. 17 Abs. 2 einen Schadensersatzanspruch zu schaffen. Deutschland hat sich für den Ausgleichsanspruch entschieden. Ein Ausgleichsanspruch gemäß Art. 17 Abs. 2a hat der Handelsvertreter, wenn und soweit

–          er für die Unternehmer neue Kunden geworben oder die Geschäftsverbindungen mit vorhandenen Kunden wesentlich erweitert hat und der Unternehmer aus den Geschäften mit diesen Kunden noch erhebliche Vorteile zieht und

–          die Zahlung eines solchen Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der den Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgegenen Provisionen, der Billigkeit entspricht.

Nach Art. 17 Abs. 2b der EU-Handelsvertreterrichtlinie ist der Ausgleich ebenfalls gedeckt. Er darf nicht höher sein als der Jahresdurchschnittsbetrag der Vergütungen, die der Handelsvertreter während der letzten 5 Jahre erhalten hat.

Der Europäische Gerichtshof hatte am 26.03.2009 unter dem Aktenzeichen C-348/07 entschieden, dass die vor der deutschen Rechtsprechung vertretene Begrenzung des Ausgleichsanspruchs der Höhe nach auf Provisionsverluste gemäß § 89b Abs.1 Satz 1 Nr. 2 HGB gegen Art. 17 Abs. 2a verstoße und damit europarechtswidrig ist.

Schließlich schütze die Richtlinie insbesondere die Interessen der Handelsvertreter gegenüber der Unternehmen und dieser Schutz sei nach Art. 17 zwingendes Recht. Provisionsverluste dürfen zukünftig im Rahmen des Nr. 3 nur noch eins von vielen Billigkeitsmerkmalen sein. Ausgleichsansprüche können demnach auch bestehen, wenn tatsächlich gar keine Provisionsverluste anfallen. Selbst Verträge mit Einmalprovisionen würden infolge der Entscheidung des EUGH ausgleichswidrig sein.

Ferner stellte der EUGH klar, dass Vorteile Dritter bei der Berechnung der Vorteile des Unternehmers grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfe, wenn dies nicht ausdrücklich im Handelsvertretervertrag vorgesehen ist.

EU Richtlinien sind in nationales Recht umzusetzen. Sie sollen eine optimale Wirkung entfalten (sogenannter „Effet Utile“). Deswegen sollte die richtlinienkonforme Auslegung des § 89b HGB für deutsche Gerichte möglich sein.

EU Richtlinien haben zwar keine unmittelbare Wirkung und müssen nur innerhalb einer bestimmten Frist durch eine nationale Regelung umgesetzt werden. Ein Betroffener kann sich jedoch dann auf die EU Richtlinie berufen, wenn diese nicht innerhalb einer angemessenen Frist umgesetzt worden ist.

Der Gesetzgeber hatte bereits schnell auf die EUGH Entscheidung reagiert. Mit Gesetz vom 31.07.2000 wurden bisherige Nummern 2 und 3 zu einer neuen Nr. 2 zusammengefasst, wonach die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesem Kunden entgegenen Provisionen, der Billigkeit entspricht..