03
Am 18.12.09 beschloss das Landgericht Frankfurt, dass in einem Rechtsstreit Vermögensberater gegen deutsche Vermögensberatung DVAG das Arbeitsgericht, nicht das Landgericht, zuständig sei.
Daran ändere auch nichts, dass der Vermögensberater in den letzten 6 Monaten kein Einkommen erzielte. Das LG Frankfurt verwies dabei auf eine Entscheidung des BAG (BAG NJW 2005, S. 1146).
Warum der Vermögensberater nicht gearbeitet hat, war dem Gericht egal.
Gegen das Urteil wurden Rechtsmittel eingelegt.
09
Am 27.12.2007 soll die AachenMünchener einen Teil ihres Vermögens, nämlich den Stamm-/Ausschließlichkeitsvertrieb, als Gesamtheit im Wege der sog. „Umwandlung durch Ausgliederung“ nach dem Umwandlungsgesetz auf die Allfinanz Deutsche Vermögensberatung AG mit Sitz in Aachen übertragen haben.
Der Vertrag zwischen beiden soll am 12.12.2007 geschlossen worden sein. Entsprechende Beschlüsse der Hauptversammlung der Allfinanz Deutsche Vermögensberatung AG gingen am 12.12.2007 voraus, eine weiterer erfolgte – danach – am 17.12.2007. Die AachenMünchener hatte einen entsprechenden Beschluss ebenfalls am 12.12.2007 gefasst.
Dass auszugliedernde Vermögen besteht aus allen Vertreterverhältnissen der AachenMünchener-Versicherung mit haupt- und nebenberuflichen Versicherungsvertretern gemäß §§ 84, 92 HGB, die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausgliederung durch Eintragung im Handelsregister der AachenMünchener bestehen, also einschließlich solcher Vertreterverhältnisse die erst nach dem Ausgliederungsstichtag begründet werden…
Verkauft wurden auch alle Tippgeber/Vertrauensleute, alle Darlehen an Versicherungsvermittlern, Schadenregulierungs- und Inkassovollmachten beim unmittelbar zwischen der AachenMünchener und den Vertretern bestehen.
Ausgliederungsstichtag war der 01.07.2007 0.00 Uhr.
25
Ist ein Unternehmer echter Selbständiger ohne eigene sozialversicherungspflichtige Beschäftigte und hat er im Wesentlichen einen Auftraggeber, z.B. Vermögensberater der Deutsche Vermögensberatung DVAG, dann ist er auch als Selbständiger rentenversicherungspflichtig, so die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI.
Es gilt die Faustregel, dass er nur dann einen Auftraggeber hat, wenn 5/6tel seines Umsatzes nur über den einen Auftraggeber generiert werden und der Unternehmer keinen Arbeitnehmer beschäftigt, der in der Regel mehr als 400,00 € monatlich verdient.
In diesem Fall hat der Handelsvertreter seine Beiträge in vollem Umfang selbst zu zahlen und sich sofort beim zuständigen Rentenversicherungsträger anzumelden.
Möglichkeiten der Befreiung gibt es:
1.
Der Antragsteller ist Existenzgründer. Er wird für die Dauer von drei Jahren nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit von der Rentenversicherungspflicht befreit.
2.
Der Antragsteller hat das 58ste Lebensjahr vollendet. Er wird vollständig von der Rentenversicherungspflicht befreit, wenn er bereits selbständig war und die Versicherungspflicht erstmalig aufgrund der Neuregelung zur rentenversicherungspflichtigen Selbständigkeit eingetreten ist.
Beachte! Diese Regelung hat nichts mit der so genannten Scheinselbständigkeit zu tun. Scheinselbständig ist jemand, der zwar vertraglich als freier Gewerbetreibender arbeitet, jedoch genauso abhängig und weisungsgebunden ist wie ein Arbeitnehmer. Dieser muss sich dann auch wie ein Arbeitnehmer behandeln lassen und muss von dem Arbeitgeber kranken-, renten-, pflegeversichern und gegen Arbeitslosigkeit versichern lassen.
Diese Grundsätze wurde in einer neuen Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 04.11.2009 (Aktenzeichen B 12 R 7/08 R) noch einmal bestätigt. Im Internet wurde diese Entscheidung bisher nicht veröffentlicht.
Das BSG musste darüber entscheiden, ob ein selbständiger Handelsvertreter, der auch als Arbeitnehmer angestellt war, in die Rentenversicherung einzahlen musste. Als Angestellter verdiente er etwa 32.000,00 € brutto, als Handelsvertreter etwa 18.000,00 € brutto.
Der Deutsche Rentenversicherungsbund wollte für seine Handelsvertretertätigkeit Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bekommen, und zwar in Höhe eines halben Regelbeitrages.
Der Betroffene wollte dies nicht zahlen.
Vor dem Sozialgericht verlor er, vor dem Landessozialgericht gewann er, um nunmehr in letzter Instanz vor dem Bundessozialgericht eine – wohl endgültige – Niederlage zu erfahren.
14
Die deutsche Vermögensberatung DVAG gestaltete 2007 ihre neuen Verträge mit den Mitarbeitern neu. Dort sind Wettbewerbsklauseln enthalten – kein allgemeines Wettbewerbsverbot nach Vertragsschluss, sondern Abwerbeverbote.
In manchen Aufhebungsverträgen großer Unternehmen finden sich ähnliche Klauseln teilweise wieder. Teilweise finden sich aber auch Wettbewerbsverbote in den Aufhebungsverträgen mit empfindlichen Vertragsstrafen (bis 50.000€).
Also Vorsicht bei Aufhebungsverträgen!
Standardmäßig tauchen bei den Mandanten wegen der Verträge 2007 immer wiederkehrende Fragen auf, die ich an dieser Stelle beantworten möchte.
Frage: Welche Kunden dürfen nicht abgeworben werden?
Solange Kunden über neue Produkte informiert werden, beraten oder auch mit Kunden ein neues Geschäft abgeschlossen wird, ist das erlaubt.
Etwas anderes ist, wenn der Berater Kontakt zu Kunden hat, die über den alten Vertrieb einen Vertrag mit einem Ihrer Partnergesellschaften abgeschlossen haben. Diese Kunden dürfen nicht dazu bewegt werden, den Vertrag mit dieser Partnergesellschaft zu kündigen. Eine Beratung darf jedoch nicht dahin gehen, auf die alt- abgeschlossenen Produkte Einfluss zu nehmen.
Der Berater darf Kunden keinesfalls raten, diese „alten Verträge“ zu kündigen. Man sollte keinen Einfluss darauf nehmen, wenn man gefragt wird, ob diese alten Verträge gekündigt werden sollen! Man sollte dem Kunden auch nicht helfen, wenn dieser angeblich bereits zuvor dazu entschlossen war, einen solchen alten Vertrag zu kündigen (z.B. durch vorbereitete Kündigungserklärungen oder Hilfeleistung beim Wegschicken der Kündigung).
Ein ausgeschiedener Handelsvertreter wurde einmal zur Zahlung einer Vertragsstrafe verurteilt, weil er auf die Frage des Kunden, ob ein „alter Vertrag“ gekündigt werden soll, er einfach nur genickt hatte.
Zusammenfassung: Beraten erlaubt, Einflussnahme auf alte Verträge nicht erlaubt.
Frage: Darf man Ende des Vertrages alle seine alten Kunden betreuen und anschreiben?
Antwort: Grundsätzlich gilt, dass gegen eine so genannte passive Werbung nichts einzuwenden ist. Wenn sich Kunden an den ausgeschiedenen Vermögensberater wenden, ihn z.B. anrufen, ist es zulässig, diesen zu beraten und zu betreuen.
Man darf jedoch die Kundenlisten nicht systematisch aktiv abarbeiten, um alle Kunden abzuwerben. Der Bundesgerichtshof sagt dazu, dass man die Kunden, die man aus eigener Erinnerung mitnehmen kann, auch weiterhin nach Vertragsende betreuen darf. Dies sind jedenfalls die Kunden, die man gut kennt und alle Kunden aus dem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis.
(Bisher war der Vorwurf eines systematischen Anschreibens nie Gegenstand eines mir bekannten Rechtsstreits. Es ging – in nicht wenigen Verfahren – immer nur darum, ob im Einzelfall versucht wurde, den Kunden zu veranlassen, einen „alten“ Vetrag zu kündigen oder zum Ruhen zu bringen).
09
… muss kein Versicherungsmakler drin sein, vielmehr ist es häufig ein Handelsvertreter.
Die Eigenwerbung als „Versicherungsmakler“ ist höchst fragwürdig, denn „BGB-Makler“ sind gebundene Strukkivertriebler nun einmal nicht, sonern allenfalls Pseudomakler. Eine kurze Übersicht bieten Duebbert & Partner, DAS Netzwerk.
04
And the winner is….
Beinahe hätte Tobias Romberg den Deutschen Journalistenpreis im Bereich Börse, Finanzen, Wirtschaft gewonnen mit seinem Beitrag „Brutal viel Geld verdienen“ am 08.05.2009 in der „Zeit“.
Herr Tobias Romberg wurde nominiert. Der „Oscar der Zeitungsjournalisten“ ging an den Spiegel.
Wir gratulieren Tobias Romberg an dieser Stelle für seinen guten Beitrag, seine umfassenden Recherchen und vor allem für seine Nominierung, die bereits Auszeichnung genug sein sollte.
02
Am 20.10.2009 entschied das Landgericht Nürnberg-Fürth, dass nicht die ordentlichen Gerichte (also hier das Landgericht) für den Rechtsstreit Deutsche Vermögenberatung DVAG mit Mitarbeitern zuständig ist, sondern das Arbeitsgericht.
Das Landgericht legte dabei zugrunde, dass es sich bei einem Vermögensberater um eine „arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 3 ArbGG“ handelt. Er sei schließlich ein so genannter Ein-Firmen-Vertreter.
Wir hatten schon so oft über dieses Zuständigkeitsproblem berichtet, so dass wir diese Thema an dieser Stelle nicht weiter vertiefen möchten.
Gegen das Urteil wurden Rechtsmittel eingelegt. In der Beschwerdeinstanz wurde es aufgehoben.
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Provisionshonorierter Vertrieb treibt bisweilen sehr seltsame Blüten …
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Für alle, die den WDR-Film nicht sehen konten :
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Gestern ging es auf eine Art Betriebsausflug zu Kollege Behrens:
Zur Einstimmung gab es um 20.15 Uhr den am Badenia-Skandal angelehnten ZDF-Film mit dem RTLigen Titel „Bis über den Tod hinaus„. Dort geht es um Schrottimmobilien und entsprechende Kreditvermittlung, deren gekoppelte Vermittlung durch einen Finanzvertrieb besorgt wurde. Auch, wenn es im Film manchmal etwas plakativ dargestellt wurde, haben die Autoren kaum übertrieben. Während der Bösewicht hier eher ein mittelständischer Unternehmer war, wäre es nicht falsch gewesen, hier diese Massenorganisationen wie die Strukturvertriebe zu thematisieren, bei denen gruppendynamischer Druck aufgebaut wird.
Die Hauptperson entschließt sich, undercover so eine Strukkibude aufzuklären. Ich musste schmunzeln, denn als ich vor vier Jahren zu diesem Thema zu recherchieren begann, hatte ich auch mit dem Gedanken gespielt, spaßeshalber eine entsprechende „Grundausbildung“ zu absolvieren und dann im Stil von Günther Wallraff drüber zu berichten …
Danach kam dann die WDR-Doku über die DVAG mit einem Schuss AWD. Wir, die Handelsvertreter-Blogger, hatten dieses Produktion vor und hinter den Kulissen mitbetreut. Sofort nach der Sendung setzte dann auch gleich der übliche Abwehrzauber im Internet ein:
„Einzelfälle!“,“Einseitig!“, „Schwarze Schafe gibt es überall!“, „Persönlich Gescheiterte“ usw.
Unfug.
Die beiden letztlich vom WDR ausgewählten Ex-Handelsvertreter waren absolut repräsentativ, die Fälle sogar eher unspektakulär. Beide waren über 5 bzw. 19 Jahre dabei gewesen, was schon recht lange ist, denn in Finanzstrukturvertrieben hält es ein Großteil keine 12 Monate aus. Wie nahezu alle derartigen Aussteiger, die bei uns aufschlagen, nahmen auch die beiden portraitierten Leute ihre Unternehmen als Familie war und glaubten an die gefeierten Firmenpatriarchen. Es ist absolut typisch für die DVAG, dass Handelsvertreter, die plötzlich in finanzielle Nöte kommen, sich in einer für Außenstehende naiv wirkenden Weise mit persönlichen Briefen an den als eine Art Weihnachtsmann empfundenen „Doktor“ wenden – und dann keine Antwort bekommen.
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Wenn ein Betrieb oder Teile eines Betriebes verkauft werden, gehen die Arbeitsverträge auf den neuen Inhaber über. So ist es grundsätzlich in §613a BGB geregelt.
Voraussetzung ist, dass der Übergang dem Arbeitnehmer ordnungsgemäß (mit allen notwendigen Informationen) angezeigt wird. Dann hat der Arbeitnehmer einen Monat Zeit, um dem Wechsel zu widerprechen. Das Bundesarbeitsgericht hatte bereits im Jahre 2008 entschieden, dass der Arbeitnehmer über die konkrete Identität des neuen Arbeitgebers informiert werden muss.
In einer aktuellen Entscheidung vom 23.7.09 hatte das BAG diese strengen Regeln grundsätzlich bestätigt (Az. 8 AZR 357/08). Dennoch ging hier der Kläger (Arbeitnehmer) leer aus, da ihm vorgehalten wurde, er hätte durch einen Aufhebungsvertrag das neue Arbeitsverhältnis akzeptiert.
Wir sind nun gespannt, inwiefern sich diese Entscheidung auf die Handelsvertreterverhältnisse übertragen lässt. Wir berichteten bereits darüber, dass angeblich (wir wissen es nicht) die AachenMünchener ihren ganzen Außenvertrieb an die DVAG Allfinanz verkauft hätte.
Zur Zeit läuft ein Musterprozess, in dem diese Frage nach einem wirksamen Übergang geklärt wird.