Zuständigkeit

Landgericht Darmstadt hält sich für unzuständig

Vorgestellt von Rechtsanwalt Kai Behrens

Am 13.02.2012 entschied das Landgericht Darmstadt, dass in einem Rechtstreit eines Vertriebes mit einem Berater das Arbeitsgericht zuständig ist.
Hintergrund des Streites ist ein Vertrag, wonach die Ausübung einer anderweitigen Erwerbstätigkeit vor der Aufnahme einer solchen Tätigkeit schriftlich anzuzeigen ist.

Fraglich ist, ob dies die Eigenschaft eines so genannten Ein-Firmen-Vertreters erfüllt, d.h. dem Handelsvertreter durch diese Klausel verboten ist, für andere Unternehmen zu arbeiten.

Dazu das Landgericht Darmstadt:

Es handelt sich bei ihm um einen so genannten Ein-Firmen-Vertreter. Das Gericht kann insofern die Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm nicht teilen, die streitgegenständliche Vereinbarung begründe nur Erschwernisse, die einem Tätigkeitsverbot nicht gleichzusetzen sind … Der Beklagte ist durch die Regelung in Ziffer 1 … daran gehindert, auch für nicht Wettbewerber tätig zu werden. Die genannte Klausel enthält eine so weitreichende Einschränkung für den Beklagten, dass sie mit einem vertraglichen Verbot gleichzusetzen ist (vergleiche Oberlandesgericht Braunschweig) … Maßgeblich hierfür ist das vollständige Arbeitsverbot für 21 Tage, dass die Klägerin dadurch festgesetzt hat, dass der Beklagte die von ihm beabsichtigte anderweitige Tätigkeit frühsten 21 Tage nach Eingang der Anzeige und aller notwendigen Unterlagen aufnehmen darf. Dem Beklagten ist es dadurch unmöglich für Unternehmen tätig zu werden, die eine kurzfristige Leistung von ihm erwarten oder benötigen. Auch bleibt unklar, welche Unterlagen konkret die Klägerin zur Prüfung benötigt, so dass die Möglichkeit besteht, dass die Klägerin innerhalb der genannten Frist weitere Unterlagen vom Beklagten anfordert und sich das Tätigkeitsverbot deutlich verlängert, der Fristbeginn erst nach Eingang „aller“ notwendigen Unterlagen ist … Dadurch ist der Beklagte so umfassend an der Aufnahme von Tätigkeiten, die nicht dem Wettbewerbsverbot unterfallen, gehindert, dass er als so genannter Ein-Firmen-Vertreter anzusehen ist.

Landgericht Darmstadt vom 13.02.2012 Aktenzeichen 27 O 118/11

Ob gegen die Entscheidung Rechtsmittel eingelegt werden, ist noch nicht bekannt.

Arbeitsgericht nicht zuständig

Vorgestellt von Rechtsanwalt Kai Behrens

Am 31.01.2012 entschied das Oberlandesgericht Koblenz in einem Rechtsstreit der OVB Vermögensberatung mit einem Handelsvertreter, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig ist.
Gegen eine Entscheidung des Landgerichts Koblenz vom 12.12.2011 hatte der Handelsvertreter Beschwerde eingelegt. Deshalb musste das Oberlandesgericht neu darüber entscheiden.
Wir hatten am 31.01.2012 darüber berichtet.
Wieder einmal ging es darum, ob gemäß Vertrag der Handelsvertreter ein so genannter Ein-Firmen-Vertreter ist. Dies meinte der Handelsvertreter aus folgender Klausel herleiten zu können:
„Kraft zwingenden Handelsrechts ist der Finanzdienstleister verpflichtet, bei seiner Tätigkeit für die OVB ausschließlich deren Interessen zu wahren. Es ist ihm daher untersagt, mit den Kunden Berater- oder Auskunftsverträge zu schließen oder diesen vor Beendigung der für die OVB geführten Beratungsgespräche anderweitige Produkte oder Dienstleistungen zu offerieren …“
Aus dieser Klausel schloss der Handelsvertreter, er dürfe keine weiteren Produkte und Dienstleistungen verkaufen. Das Oberlandesgericht sah das anders und erklärte dies wie folgt:
„Die Vereinbarung beschränkt sich zum einen auf den Kundenkreis der Klägerin und lässt für den Beklagten somit das gesamte Betätigungsfeld offen, das außerhalb dieses Kreises liegt. Zum anderen beschränkt sich das Verkaufsverbot anderweitiger Produkte auf die Zeit vor Beendigung der für die Klägerin geführten Beratungsgespräche. Die Parteien sind deshalb erkennbar davon ausgegangen, dass der Beklagte außerhalb dieser Zeitgrenze selbst den Kunden der Klägerin anderweitige Produkte verkaufen darf und deshalb seinen Lebensunterhalt nicht ausschließlich durch die Tätigkeit bei der Klägerin verdienen muss oder soll.“
Wie das Gericht darauf kommt, dass das Verkaufsverbot anderweitiger Produkte sich auf die Zeit vor Beendigung der geführten Beratungsgespräche bezieht, hat das Gericht nicht verraten.
Das Gericht versuchte hier, einen unklaren Inhalt auszulegen.
Mit Überzeugung ist dies nicht gelungen.
Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 31.01.2012, Aktenzeichen 4 W 761/11

LG Darmstadt : Landgericht oder Arbeitsgericht offen

Vorgestellt von Rechtsanwalt Kai Behrens, Münster

Und wieder einmal musste sich ein Landgericht mit der Frage beschäftigen, ob bei einem Rechtsstreit eines Handelsvertreters mit seinem Vertrieb das Arbeitsgericht oder das Landgericht zuständig ist.

Der Handelsvertreter hatte dargelegt, er habe in den letzten sechs Monaten weniger als 1.000,00 € an Provisionen verdient.

Das Landgericht Darmstadt machte in einem Hinweisbeschluss darauf aufmerksam, dass es nunmehr Sache des Vertriebs sei, etwas anderes vorzulegen bzw. darzulegen. Allgemeines Bestreiten würde hier nicht ausreichen. Der Vertrieb müsse einen höheren Verdienst substantiiert darlegen, um hier die Angelegenheit angreifen zu können.

Im Übrigen sprach das Landgericht Darmstadt aus, dass es dazu neige, den Handelsvertreter als so genannten Ein-Firmen-Vertreter zu behandeln, weil im Vertrag ein umfassendes Arbeitsverbot jedenfalls für 21 Tage geregelt ist.

Landgericht Darmstadt vom 19.12.2011

Landgericht zuständig

Vorgestellt von RA Kai Behrens, Münster

Am 12.12.2011 entschied das Landgericht Koblenz in einem Rechtsstreit der OVB Vermögensberatung mit einem Handelsvertreter, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig ist.

Die Frage, ob das ordentliche Gericht oder das Arbeitsgericht zulässig ist, entscheidet sich gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG an der Frage, ob der Handelsvertreter ein so genannter Ein-Firmen-Vertreter ist.

Dies ist er dann, wenn ihm die Tätigkeit für einen anderen Unternehmer nicht möglich ist.
Streitig waren vertragliche Klauseln, wonach der Handelsvertreter sich ständig gegenüber der OVB verpflichtet hatte. Darin sah der Handelsvertreter bereits die Bedingung eines Ein-Firmen-Vertreters.

Außerdem gab es eine weitere Klausel in dem geschlossenen Vertrag, wonach es ihm untersagt war, mit den Kunden Berater- oder Auskunftsverträge zu schließen oder diesen vor Beendigung der für die OVB geführten Beratungsgespräche anderweitige Produkte oder Dienstleistungen zu offerieren.

Das Gericht schloss sich der Auffassung des Handelsvertreters nicht an.

Gegen die Entscheidung wurden Rechtsmittel eingelegt. Nun wird das Oberlandesgericht darüber entscheiden.

Und wieder mal der Rechtsweg

Am 04.02.2011 beschloss das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht gegeben ist.
Die Parteien schlossen im Jahre 2008 einen Handelsvertretervertrag, wonach die Ausübung einer anderweitigen Erwerbstätigkeit vor Aufnahme einer solchen Tätigkeit schriftlich anzuzeigen sei.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main meinte, dass nur mittelbar wirkende vertragliche Einschränkungen einer weiteren Vertriebstätigkeit wie ein Wettbewerbsverbot oder das Gebot, die volle Arbeitskraft der Erfüllung der Vertrages zu widmen, die Eigenschaft als Ein-Firmen-Vertreter kraft Vertrages nicht begründen. Im Übrigen war die Handelsvertreterin nicht gehindert, für Nichtwettbewerber tätig zu werden. Der Vertrag sah ausdrücklich die Möglichkeit einer anderweitigen Erwerbstätigkeit vor.
Erforderlich war lediglich eine schriftliche Anzeige. Diese Anzeige ist nicht gleichzusetzen mit einer für ein vertragliches Verbot entsprechenden Genehmigung.
Mithin war das Oberlandesgericht Frankfurt am Main der Meinung, dass weiterhin das Landgericht erstinstanzlich zuständig ist.

LG Potsdam: Arbeitsgericht ist bei Streit mit Handelsvertreter zuständig

Das Landgericht Potsdam entschied am 05.10.2011, dass ein Vermögensberater einer Gesellschaft, die Finanzplanung und Vermögensberatung betreibt, als Arbeitnehmer einzustufen ist und deshalb der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten zulässig ist.
Das Gericht nahm an, dass gemäß dem zwischen den Parteien geschlossenen Handelsvertretervertrag aus dem Jahre 2007 es für die Ausübung einer anderweitigen Beratungs-, Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit einer schriftlichen Einwilligung bedufte.
Mithin, so das Landgericht Potsdam, war der Handelsvertreter so genannter Ein-Firmen-Vertreter im Sinne von § 92 a HGB. Ihm war nach Auffassung des Gerichts aufgrund der vertraglichen Regelung die Ausübung einer anderweitigen Beratungs-, Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit nur nach vorheriger schriftlicher Einwilligung gestattet.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es wurde Beschwerde eingelegt mit der Begründung, der Vertrag habe doch einen ganz anderen Inhalt. Eine andere Tätigkeit soll gemäß Vertrag nicht verboten sein, sie müsse nur vorher angezeigt werden. Über die Beschwerde wurde noch nicht entschieden.

Landgericht Potsdam vom 05.10.2011, Aktenzeichen 2 O 95/11

OLG Hamm : Arbeitsgericht nicht zuständig

Am 08.08.2011 entschied das Oberlandesgericht Hamm in einem Rechtsstreit eines Handelsvertreters mit seinem Unternehmen, dass die Arbeitsgerichtsbarkeit nicht zuständig ist. Stattdessen ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet (Amtsgericht, Landgericht und so weiter).
Gegenstand des Streites war die Frage, ob der Handelsvertreter als so genannter Ein-Firmen-Vertreter war. Nach dem Vertrag war die Ausübung einer anderweitigen Erwerbstätigkeit vor der Aufnahme einer solchen Tätigkeit schriftlich anzuzeigen. Mit dieser Anzeige waren dem Unternehmen sämtliche für die beabsichtigte Tätigkeit maßgebenden Umstände offen zu legen und vertragliche Vereinbarungen und sonstige Unterlagen … zugänglich zu machen. Die beabsichtigte Tätigkeit darf frühestens 21 Tage nach Eingang der Anzeige aufgenommen werden.
Das Oberlandesgericht Hamm sah zwar, dass diese Vereinbarung Gesichtspunkte enthalte, die eine anderweitigen Beratungs-, Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit des Vertriebspartners entgegenstehen und die über das nach dem gesetzlichen Leitbild des Handelsvertreters bestehende Konkurrenzverbot hinausgehen. Für Unternehmen, die den Handelsvertreter kurzfristig beschäftigen wollten und keine 21 Tage abwarten können, kann der Handelsvertreter so nicht tätig werden. Ein Tätigwerden für Unternehmen war ebenfalls versagt, wenn diese die Offenbarung der geschlossenen Verträge untersagen.
Dabei legt der Senat zugrunde, dass diese Fälle jedoch eher unwahrscheinlich sind und für die rechtliche Beurteilung nicht als repräsentative Ausnahmefälle anzusehen sind. Es handele sich lediglich um Erschwernisse, jedoch nicht um ein Tätigkeitsverbot, so das Oberlandesgericht Hamm. Schließlich habe es der Handelsvertreter selbst in der Hand, die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer weiteren Tätigkeit herbei zu führen.
Oberlandesgericht Hamm vom 08.08.2011 Aktenzeichen I – 18 W 21/11

Ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig

Am 05.08.2011 hatte das Oberlandesgericht Stuttgart über die Frage zu entscheiden, ob ein Handelsvertreter als so genannter Ein-Firmen-Vertreter anzusehen ist.

Dann nämlich wäre gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a, 5 Abs. 3 ArbGG das Arbeitsgericht zuständig, und nicht das in diesem Fall angerufene Landgericht.

Voraussetzung für die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes ist, dass der Handelsvertreter ein so genannter Ein-Firmen-Vertreter ist und in den letzten sechs Monaten des Vertragsverhältnisses nicht mehr als 1.000,00 € verdient habe.

Ein Ein-Firmen-Vertreter ist jemand, der kraft Beratervertrag keine weitere gewerbliche Betätigung ausüben darf oder diese von der Genehmigung des Unternehmers abhängig wäre.

Streitig ist hier eine vertragliche Regelung, wonach der Handelsvertreter eine Nebentätigkeit anzeigen muss und 21 Tage später ein anderes Dienstverhältnis antreten darf. Das Oberlandesgericht Stuttgart sah es so, dass dies zwar eine Erschwernis darstelle, jedoch eine andere Tätigkeit nicht generell verbiete. Nur im Einzelfall mögen kurzfristig anzutretende Dienstverhältnisse auszuschließen sein.

In diesem Fall war zudem die dreiwöchige Anzeige- und Mitteilungspflicht sehr unbestimmt formuliert. Auch dies genüge nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht, um einen Genehmigungsvorbehalt anzusehen, durch den der Handelsvertreter zum Ein-Firmen-Vertreter werden würde. Schließlich bedeute allein die unbestimmte Fassung des Vertrages nicht, dass die Festlegung des Umfanges der Informationspflichten ins Ermessen des Unternehmens gestellt wäre. Schließlich sei nicht dar getan, dass das Unternehmen seine vertraglichen Informationsrechte missbrauchen würde, um es den Handelsvertretern letztlich unmöglich zu machen, eine anderweitige Beschäftigung aufzunehmen.

Im Ergebnis sprach das Gericht aus, dass das Landgericht erstinstanzlich für den Fall zuständig ist und die Angelegenheit nicht an das Arbeitsgericht abgegeben werden muss.

Arbeitsgericht oder ordentliche Gerichtsbarkeit

Am 20.07.2011 entschied das Landgericht Karlsruhe, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten in einem Rechtsstreit eines Strukturvertriebs gegen einen ehemaligen Mitarbeiter gegeben ist. Das Arbeitsgericht ist nicht zuständig.
Die Regelung im Vertrag, wonach die Ausübung einer anderweitigen Erwerbstätigkeit vor der Aufnahme der Tätigkeit anzuzeigen ist, erfüllt nicht die Voraussetzungen, den Mitarbeiter als so genannten Ein-Firmen-Vertreter zu betrachten.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

LG Bielefeld : Arbeitsgericht zuständig

Am 15.04.2011 entschied das Landgericht Bielefeld in einem nicht rechtskräftigen Beschluss, dass nicht das Landgericht, sondern das Arbeitsgericht zuständig sei.

Vorliegend ging es um einen Streit der Deutschen Vermögensberatung AG DVAG gegen einen Vermögensberater.

Das Landgericht erkannte, dass ein Vermögensberater trotz des neuen Vermögensberatervertrages aus dem Jahre 2007 ein so genannter Ein-Firmen-Vertreter sei. Es begründete die Entscheidung mit der erschwerten Anzeigepflicht im Vermögensberatervertrag.

„Jedoch ist die Anzeigepflicht im vorliegenden Fall so ausgestaltet, dass der Beklagte die vertraglichen Vereinbarungen und maßgeblichen Unterlagen vorzulegen hat und die beabsichtigte Tätigkeit für höchstens 21 Tage nach Eingang der Anzeige und den notwendigen Unterlagen bei der Klägerin aufnehmen darf. Für den Zeitraum bis zum Ablauf dieser Frist unterliegt der Beklagte somit noch einem Tätigkeitsverbot. Die Kammer schließt sich der vom Beklagten vorgelegten Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 05.10.2010 (2 W 72/10) an.“

Nunmehr wird das Oberlandesgericht Hamm über die Frage der Zuständigkeit zu entscheiden haben.

OLG Schleswig-Holstein : Bei Streit OVB mit Handelsvertreter Arbeitsgericht nicht zuständig

Am 26.04.2011 beschloss das Schleswig Holsteinische Oberlandesgericht, dass bei Streitigkeiten der OVB gegen einen Handelsvertreter die ordentlichen Gerichte zuständig sind.

Zur Erläuterung: Dies sind in erster Instanz die Amts- und Landgerichte.

Das Oberlandesgericht ist der Auffassung, dass die vertragliche Klausel lediglich die Tätigkeit für konkurrierende Unternehmen verbiete. Eine Tätigkeit für ein Unternehmen, das mit der OVB nicht im Wettbewerb steht, ist danach erlaubt.

Beschluss Schleswig Holsteinisches Oberlandesgericht Aktenzeichen 16 W 45/11