Urteile vorgestellt von RA Kai Behrens

Wenn der Richter zum Graphologen wird

Am 16.10.2012 hatte das Landgericht Zwickau darüber zu entscheiden, ob einem Versicherungsnehmer gegen einen Handelsvertreter bzw. einem Vertrieb Schadenersatzansprüche zustehen.

Hintergrund war der Antrag auf Abschluss einer privaten Krankenversicherung bei der Gothaer Krankenversicherung AG, der sich im Nachhinein als falsch herausstellte. Einige Gesundheitsangaben sollen hier nicht umfänglich mitgeteilt worden sein.

Zunächst wurde ein Versicherungsschein erteilt. Anschließend erklärte die Gothaer den Rücktritt.

Die Parteien stritten nun darum, wer die falschen Eintragungen zu verantworten hatte. Der Vermittler soll, so der Kläger, die Angaben im Versicherungsantrag gefälscht haben, um so den Abschluss zu ermöglichen und Provisionen zu verdienen.

Der Kläger meinte, dass eine Kopie, die kurz nach Erstellens des Antrages gefertigt wurde, stark von dem Antrag abweiche, der letztlich zur Gothaer gesandt wurde.

Diese Änderungen habe der Vermittler im Nachhinein vorgenommen.

So soll nach Darstellung des Klägers aus dem „Ja“ zu der Frage, ob Vorerkrankungen bestanden haben, im Nachhinein ein „Nein“ geworden sein.

Der Kläger drängte auf die Einholung eines graphologischen Gutachtens. Der Richter nahm dazu eigene Einschätzungen vor und wies die Schadenersatzklage ab.

Das Gericht meinte dazu, dass die von dem Kläger behaupteten Fälschungsmerkmale nicht vorliegen würden. Das Gericht erkannte zwar, dass zwischen dem Originalantrag und der vorgelegten Kopie ein Unterschied bestehe, jedoch mechanische oder fotomechanische Fälschungsspuren sich nicht ergeben würden.

Dann setzte sich das Gericht im Näheren mit Kopie und Antrag auseinander, sowie mit individualisierenden Ausfüllungsmerkmalen, unterschiedliche Ausprägung der Schrift auf dem Antrag, Durchdrückungsmerksmale, die im Schräglich ohne weiteres feststellbar sind und so weiter.

Das Gericht kommt dann zu dem Ergebnis, dass es der Erholung eines Schriftsachverständigengutachtens nicht bedarf.

Im Ergebnis hält das Gericht den Original-Antrag für richtig. Leider ist die Erklärung nicht nachvollziehbar, das Begriffe wie schräglich und die Erholung eines nicht eingeholten Gutachtens auf Unverständnis stoßen.

Noch nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Zwickau vom 16.10.2012 Aktenzeichen 2 O 568/11

Vertrieb muss Buchauszug erteilen und Ausgleichsanspruch zahlen

Am 18.09.2012 entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, dass ein Vertrieb sowohl einen Buchauszug zu erteilen habe, als auch einen Ausgleichsanspruch in Höhe von mehr als 100.000,00 € zu leisten habe.

Zwischen den Parteien war geregelt, dass Provision nur für eine nachhaltige Betreuung der Kunden gezahlt werden sollte. Darauf kam es jedoch nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main nicht an. Obgleich dies zwischen den Parteien nicht vereinbart wurde, hatte das Gericht als Maßstab die zwischen den Verbänden der Versicherungswirtschaft vereinbarten Grundsätze nach § 287 Abs. 2 ZPO als Schätzungsgrundlage herangezogen. Daran war das Oberlandesgericht Frankfurt am Main schließlich durch ein Revisionsurteil des Bundesgerichtshofes vom Ende letzten Jahres gebunden.

Die zu berücksichtigenden Provisionszahlungen schließen so genannte Superprovisionen ein, also Provisionen, die der Kläger beanspruchen konnte, weil die Abschlüsse von Vertretern der ihm nachgeordneten Struktur erwirtschaftet wurden.

Provisionen, die der Handelsvertreter während einer Phase der Erkrankung verdient hatte, wurden nicht abgezogen.

Zwischen den Parteien war streitig, ob der Ausgleichsanspruch mit einer aufgebauten Altersversorgung verrechnet werden können. Eine Verrechnung wäre zulässig, wenn die Altersversorgung aus Mitteln des Vertriebes aufgebracht wurde, also wirtschaftlich nicht dem Kläger zuzurechnen ist.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main meinte, dass die Anrechnungsvoraussetzungen nicht vorliegen. Mithin durfte der Ausgleichsanspruch nicht um die Altersversorgung geschmälert werden. Die Zahlungen  in das so genannte Versorgungswerk waren nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main nämlich Entgeltzahlungen und somit wirtschaftlich dem Handelsvertreter zuzurechnen.

Im Übrigen zahlte der Vertrieb die Versorgungsleistungen nicht freiwillig. Diese waren nämlich Gegenstand einer Zusatzvereinbarung.

Diese Zahlungen sollten auch wirtschaftlich dem Handelsvertreter zuzurechnen sein und Vergütungsbedeutung beimessen. Schließlich hatte der Kläger die Leistungen als Einkünfte zu versteuern, woraufhin er durch die Abrechnungen jeweils hingewiesen wurde.

Darüber hinaus wurde der Vertrieb verpflichtet, einen Buchauszug zu erteilen, der zu enthalten hat:

Name des Versicherungsnehmers und/oder Vertragspartners

Policen- und/oder Versicherungsscheinnummer

Zu Art und Inhalt des Vertrages die Sparte, die Tarifart, die Prämien un/oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen

Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn

Bei Lebensversicherungensverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages

Bei Lebensversicherungensverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie

Im Fall von Stornierung: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen

Den Antrag auf Erteilung des Buchauszuges sah das Gericht als zulässig an. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main meinte letztendlich, dass im beantragten Umfang der Buchauszug zu erteilen ist. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hob daraufhin eine bereits früher verkündete Entscheidung auf.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main meinte auch, dass sich der Buchauszug auch auf die Geschäfte zu erstrecken habe, die seine Untervertreter der Struktur getätigt hätten.

Die Provisionsabrechnungen als Buchauszüge sind von dem Handelsvertreter auch nicht durch Schweigen anerkannt worden. Insofern schloss sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.11.1995 VIII ZR 293/94 an.

Der Vertrieb wandte Verjährung ein. Mit diesem Einwand konnte er nicht durchdringen. Schließlich war bei Lebensversicherungen die Fälligkeit wegen einer Stornohaftungszeit auf fünf Jahre hinausgeschoben. Danach kam eine Verjährung des ausgeurteilten Zeitraums nicht in Betracht.

Auch einen weiteren Einwand der Beklagten wollte das Gericht nicht gelten lassen, nämlich den, dass das Unternehmen selbst als Vertrieb auch nur Versicherungsvertreter sei.

Auch wenn die monatlichen Abrechnungen als permanente Buchauszüge bezeichnet werden, genügen sie dem Inhalt eines Buchauszuges nicht, weil sie die Geschäftsvorfälle nicht übersichtlich und verständlich darstellen. Auch ersetze der Onlinezugriff den Buchauszug nicht.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Wenn schon zillmern, dann richtig

Nun hatte der BGH gewisse Lebensversicherer dazu verpflichtet, nicht die ganzen Einzahlungen einzustecken und mit Kosten zu verrechnen.

Stattdessen sollten die Versicherer das ungzillmerte Guthaben auszahlen.

Ein Versicherer, die Generali, hatte sich dann eigene Klauseln aufgestellt, die vom BGH am 25.07.2012 kurzerhand für unwirksam erklärt wurde.

„Bestimmungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kapitallebens-versicherung und die aufgeschobene Rentenversicherung, die vorsehen, dass die Abschlusskosten im Wege des so genannten Zillmerverfahrens mit den ersten Beiträgen des Versicherungsnehmers verrechnet werden, stellen eine unange-messene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar und sind daher gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

BGH vom 25.07.2012 Az.IV ZR 201/10

Kurz und knapp

Kurz und bündig entschied das Oberlandesgericht München über einen Streit, ob ein Versicherungsvertreter ein so genannter Ein-Firmen-Vertreter ist.

Eine Voraussetzung dafür, ob jemand Ein-Firmen-Vertreter ist, ist der Umstand, ob dieser laut Handelsvertretervertrag nur für das eine Unternehmen tätig werden darf.

Das Oberlandesgericht München hatte sich darüber Gedanken zu machen, ob dies in einem Vertragsverhältnis auch der Fall ist, wenn sich in dem Vertragsverhältnis eine Regelung befindet, wonach eine fremde Tätigkeit zwar erlaubt sei, jedoch erst drei Wochen später, nachdem der Handelsvertreter sämtliche die Nebentätigkeit betreffenden Unterlagen vorgelegt habe.

Das Oberlandesgericht München am 02.11.2009 dazu:

„Gründe: Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg, da der Beklagte – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – kein Ein-Firmen-Vertreter im Sinne von § 92 a HGB ist. Abschnitt I. des Vertrages verbietet nicht die Tätigkeit für weitere Unternehmer. Die vom Beklagten zitierte Klausel vermag selbst eine spontan aufgenommene andere Tätigkeit nur um drei Wochen zu verzögern, nicht aber zu verhindern. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 3 ZPO, § 17 a Abs. 4 GVG“.

Oberlandesgericht München vom 02.11.2009 Aktenzeichen 23 W 2342/09

LG Koblenz: Handelsvertreter hat Anspruch auf Buchauszug, Vertrieb auf Provisionsrückzahlung

Das Landgericht Koblenz entschied am 21.08.2012 in einem Anerkenntnisurteil, dass ein Vertrieb einem Handelsvertreter einen Buchauszug zu erteilen habe.

Dieser beschränkt sich auf einen Zeitabschnitt von zwei Jahren. Darüber hinaus lehnte das Landgericht Koblenz den Buchauszug ab, weil der Handelsvertreter vor dieser Zeit die Provisionen anerkannt hatte.

Gleichfalls wurde der Handelsvertreter verurteilt, Provisionen, die er als Vorschuss erhalten hatte, zurückzuzahlen.

Der Vertrieb legte hier umfangreiche Unterlagen vor, aus denen sich die einzelnen Berechnungen ergeben sollten. Diese hatte das Gericht als schlüssig angesehen.

Soweit der Beklagte hinsichtlich eines Versicherungsnehmers konkrete Einwendungen hinsichtlich der Haftungszeit und des Promillesatzes der Mitarbeiter erhebt, sind diese Einwendungen entsprechend den Ausführungen der Klägerseite entkräftet worden, so das Gericht.

Das Gericht nimmt dann die Berechnungen in einem Versicherungsfall „auseinander“. Es schreibt:

Hinsichtlich des Vertrags … wird von Klägerseite insgesamt eine unverdiente Provision in Höhe von 162,21 € geltend gemacht … (sodann erfolgen zutreffende Überlegung zur provisionspflichtigen Summe) … dieser Betrag von 162,21 € beruht wiederum auf vier Einzelbuchungen in Höhe von 89,18 €, 18,44 €, 58,97 € sowie 25,62 € … Bezüglich des Hauptvertrages war Vertragsbeginn der 01.09.2008. Vertragsende war der 01.01.2011. Auf diesen Hauptvertrag wurden insgesamt 28 Monatsprämien gezahlt. Mithin ergibt sich ein unverdienter Zeitraum von 32 Monaten. Bei einer Haftungszeit von 60 Monaten und einer Abschlussprovision in Höhe von 110,57 € ergibt sich eine unverdiente Provision von 58,97 €, die von Klägerseite zurückgefordert werden kann.

Anmerkung des Verfassers: Da eine Stornorückstellung gebildet wurde, hätte diese berücksichtigt werden müssen. Eine solche Berücksichtigung tauchte jedoch nicht auf, was letztendlich meines Erachtens zu falschen Ergebnissen führte.

Entscheidung des Landgerichts Koblenz vom 25.09.2012 Aktenzeichen 9 O 189/11

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig

LG Aschaffenburg: kein Anspruch eines Vertriebes auf Auskunft und Schadenersatz

Am 21.09.2012 wies das Landgericht Aschaffenburg die Klage eines Vertriebes auf Auskunft und Schadenersatz ab.

Die Parteien stritten um die Wirksamkeit fristloser und ordentlicher Kündigungen. Der Vertrieb meinte, eine fristlose Kündigung sei unwirksam und deshalb stehe ihm Unterlassungs-, Auskunfts- und Feststellungsansprüche zu sowie Schadenersatzansprüche.

Die Klägerin ist ein Finanzdienstleistungsunternehmen. Der Beklagte hatte das Vertragsverhältnis ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt, etwa einen Monat später dann fristlos.

Die Klägerin meinte, die fristlose Kündigung sei unwirksam, der Beklagte habe rechtswidrig seine Tätigkeit vorab eingestellt und habe ab diesem Zeitpunkt für ein Konkurrenzunternehmen gearbeitet.

Der Handelsvertreter wies daraufhin, dass die ordentliche Kündigungsfrist viel zu lang sei (12 Monate). Im Übrigen sei unklar, welcher der Kündigungsfristen im Vertrag gelte. Schließlich hänge eine Kündigungsfrist von der Dauer des Vertragsverhältnisses ab, eine andere von dem Grad der Strukturierung.

Die fristlose Kündigung sei erfolgt, weil der Beklagte seine vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen könne, weil es ihm verwehrt wurde, entsprechende Einnahmen zu erzielen.

Da mittlerweile das Vertragsverhältnis ohnehin abgelaufen war, kam es auf das von der Klägerin begehrte Unterlassen prozessual nicht mehr an.

Das Gericht erkannte außerdem an, dass die fristlose Kündigung wirksam war. Aus wichtigem Grund konnte das Vertragsverhältnis gemäß § 89 a HGB gekündigt werden.

Dabei stellte das Gericht nicht einmal darauf ab, dass die Provisionsvorschüsse von 80 % auf 50 % reduziert wurden.

Vielmehr kam es dem Gericht darauf an, wie sich die Klägerin im Anschluss an die ordentliche Kündigung verhielt. Die nämlich nach Ausspruch der Kündigung vorgenommenen Einschränkungen und Behinderungen waren für den Beklagten nicht mehr hinnehmbar.

Unstreitig hatte die Klägerin nach Zugang der ordentlichen Kündigung den individuellen Zugang zum firmeninternen Intranet gesperrt, und der Beklagte wurde darauf verwiesen, sich Zugang zum Intranet und seinen persönlichen Kundenbereich in den Büroräumen des Regionaldirektionsleiters zu den üblichen Geschäftszeiten zu verschaffen.

Damit wurde der Handelsvertreter faktisch zum Arbeitnehmer gemacht. Er hat erhebliche Einkommenseinbußen zu erleiden. Ort und Zeit seiner Tätigkeit führten zu einer persönlichen Abhängigkeit. Hieraus folgt zwangsläufig, dass der Beklagte als Handelsvertreter entgegen dem Leitbild eines Handelsvertreters im Sinne des § 84 HGB gleichsam wider Willen für ein Jahr zum Arbeitnehmer degradiert wird, ohne dass der Beklagte im Gegenzuge diese Rechte eines Arbeitnehmers (z.B. Beteiligung des Unternehmers/Arbeitgebers ein etwaigen Sozialversicherungsbeiträgen, Kündigungsschutz, Anwendung des Arbeitszeitgesetzes u.s.w.) erhalten würde.

Das Gericht rügte auch, dass die Klägerin dem Beklagten die Befürchtung des Datendiebstahls äußerte. Die Befürchtung von Datendiebstahl von kündigenden Handelsvertretern rechtfertigt es jedenfalls nicht, die vorgenannten Maßnahmen zu ergreifen.

Das Gericht hielt auch eine vorzuschaltende Abmahnung der Klägerin für entbehrlich.

Urteil des Landgerichts Aschaffenburg Aktenzeichen 32 O 328/10

Frankfurter Landgericht zu den Grundsätzen einer Verdachtskündigung bei Handelsvertretern

Die Wirksamkeit einer außerordentlichen Verdachtskündigung, die sich auch im Handelsvertreterrecht nach dem für das Arbeitsrecht entwickelten Vorgaben zu richten hat, ist nur unter sehr strengen Voraussetzungen zu bejahen:
„Der Verdacht, der Vertragspartner habe eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen, kann nach gefestigter Rechtsprechung einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden. Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachen begründet sein, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Vertragspartner zur Ausspruch der Kündigung veranlassen können. Der Verdacht muss darüber hinaus dringend sein, das heißt es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der zu Kündigende die Pflichtverletzung begangen hat. Die Verdachtsmomente und die Verfehlungen, deren der zu Kündigende verdächtigt ist müssen so schwerwiegend sein, dass dem Kündigungsberechtigen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann, also schwere arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen….
Voraussetzung der Wirksamkeit einer Verdachtskündigung ist, dass der Kündigungsberechtigte alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem zu Kündigenden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Die Anhörung muss sich auf einen konkretisierten Sachverhalt beziehen. Es müssen alle erheblichen Umstände angegeben werden, aus denen sich der Verdacht ableitet. Nur dann hat der zu Kündigende die Möglichkeit, sich zum Verdachtsvorwurf und den ihm tragenden Verdachtsmomenten in einer die Aufklärung fördernden Weise zu äußern (BAG Urteil vom 28.11.2007, ZNA-RR 2008, 344)…..
Ergeben sich im Rahmen der Ermittlungen neue belastende Erkenntnisse, ist der zu Kündigende auch hierzu zu hören; nur dann sind alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft (BAG Urteil vom 13.09.1995, NJW 1996, 540).“

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben muss zugehen

Am 07.08.2012 hatte das Amtsgericht Solingen über den Hintergrund eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens zu entscheiden.
Ein Handelsvertreter klagte gegen das Unternehmen, das ihn bis zu seiner Rente beschäftigt hatte.
Statt eines Ausgleichsanspruches einigte man sich darauf, dass für einen Zeitraum von 12 Monaten jeweils 400,00 € monatlich an den Handelsvertreter gezahlt werden sollten.
Dies sollte ohne Rechnung erfolgen.
Der Handelsvertreter sah darin eine arbeitsvertragliche Verpflichtung und sprach den Unternehmer daraufhin an und meinte, aus dieser Vereinbarung habe der Unternehmer weitere 20 % Sozialversicherungskosten, so dass man sich doch dann auf pauschal – gegen Rechnung – 6.000,00 € – Zahlung einigen sollte.
Der Inhalt dieser Vereinbarung war streitig. Anschließend übersandte der Handelsvertreter dem Unternehmer per Post ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, dessen Zugang von dem Unternehmer jedoch bestritten wurde.
Der Handelsvertreter kam mit seiner Behauptung, es sei über diese 6.000,00 € eine Vereinbarung zustande gekommen, nicht durch.
Das Amtsgericht Solingen meinte, er sei beweispflichtig für die Vereinbarung und er sei auch beweispflichtig dafür, dass das kaufmännische Bestätigungsschreiben dem Unternehmer zugegangen ist.
Die Klage wurde deshalb abgewiesen.
Der Unternehmer blieb aber trotzdem an fast 50% der Kosten hängen, da er die ursprüngliche Vereinbarung auch nicht einhielt.
Amtsgericht Solingen vom 07.08.2012 Aktenzeichen 12 C 86/12

AWD-Anleger gehen in Köln leer aus

Oberlandesgericht Köln - Reichenspergerplatz
Das Oberlandesgericht Köln hat kürzlich 16 Klagen von Anlegern zurückgewiesen, die behauptet hatten, sie seien durch die Vermittlung des AWD geschädigt worden. Der AWD hatte Immobilienfonds vermittelt. 16 Anlegen machten insgesamt Schadenersatzansprüche in Höhe von 750.000,00 € aus Prospekthaftung wegen unterlassener Aufklärung der Provisionsleistung geltend.
Das Oberlandesgericht Köln nun in seinem Urteil vom 30.08.2012:
Der Anlageprospekt war in Ordnung und die aufklärungspflichtigen Provisionszahlungen waren von den Klägern nicht nachgewiesen.
In den 90er Jahren vermittelte der AWD gegenüber den Klägern Anteil an einem Immobilienfond, der ein Wohn- und Geschäftsgebäude in Berlin errichtete und betrieb und weil die Renditen nicht in der erwarteten Höhe ausfielen, klagten die Anleger gegen den AWD auf Rückzahlung der Einlagen. Der Anlageprospekt soll falsch gewesen sein. So soll z.B. die Rendite- Prognoserechnung unrealistisch und überhöht gewesen sein.
Auch sei über die Beratungs- und sonstige Nebenkosten fehlerhaft informiert worden sein.
Das Landgericht wies die Klagen ab, weil es die Auffassung vertreten hatte, die Ansprüche seien verjährt.
Im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht behaupteten die Kläger nun erstmalig, die Provisionszahlungen an den AWD seien überhöht gewesen. Entgegen den Angaben im Prospekt seien mindestens Provisionen in Höhe von 15% ausgezahlt worden. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes war dies zu hoch und es hätte darüber aufgeklärt werden müssen. Dies sei nicht geschehen, so die Kläger.
Das Oberlandesgericht Köln hatte dazu eine Reihe von Zeugen gehört. Darunter war auch der frühere Vorstandsvorsitzende Karsten Maschmeyer. Karsten Maschmeyer soll sich jedoch nicht mehr an die Höhe irgendwelcher Provisionen erinnern können.
Da die Kläger beweispflichtig waren, ging die Klage nunmehr verloren.
Außerdem wurde die Verjährung bestätigt.
Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 30.08.2012, Aktenzeichen 18 U 42/11 und andere

Immer wieder Ärger mit den Vollmachten

Das Versicherungsjournal berichtete am 21.08.2012 darüber, dass die HDI Gerling eine Vollmacht nicht akzeptieren wollte, die älter als zwei Jahre alt ist. Ein Makler hatte die Vollmacht seines Kunden bei dem Versicherer vorgelegt im Zusammenhang mit der Übertragung von Kundenpolicen.
HDI bestätigte, dass man intern nur Vollmachten akzeptiere, die jünger als 24 Monate alt seien.
Der Makler wandte sich daraufhin an seinen Berufsverband, die Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. Der Verband unterstützte den Makler bei seiner Klage gegen den HDI.
Vor dem Amtsgericht Köln soll dann HDI den Anspruch anerkannt haben.
Auch Sicht der Maklerschaft bleibt zu hoffen, dass HDI sich nun auch in Zukunft von ihrer Vorgehensweise verabschiedet. Schließlich gelten Vollmachten unbefristet, es sei denn, dass sich aus den Vollmachten etwas anderes ergibt.
Der Wunsch von HDI, die Vollmachten auf zwei Jahre zu beschränken, verstößt mithin gegen geltendes Recht.
Leider gibt es auch bei anderen Versicherern, z.B. bei der Provinzial aus Münster, immer wieder Probleme mit der Anerkennung von Vollmachten. Aus internen Kreisen erfuhr ich, dass die Provinzial Maklervollmachten noch immer nicht akzeptieren wolle.
Die HDI-Angelegenheit ging vor dem Amtsgericht Köln mit einem Anerkenntnisbeschluss vom 01.08.2012 unter dem Aktenzeichen 144 C 86/12 zu Ende.

Ein Amtsgericht zu der Frage, wann Provisionen zurück zu zahlen sind

Beschluss des Amtsgericht Northeim vom 17.08.2012
Wieder einmal geht es um die Frage, ob Provisionen zurückzuzahlen sind. Dazu das Amtsgericht Northeim:
„Die Prozessbevollmächtigten werden darauf hingewiesen, dass es Aufgabe des Gerichts ist, für die Schlüssigkeit bzw. Erheblichkeit des Parteivortrages Sorge zu tragen. Insbesondere ersetzt die Bezugnahme auf Anlagen nicht den ordnungsgemäßen und umfassenden Parteivortrag …
Die Klägerin ist darlegungs- und beweisbelastet für die Höhe der ausgezahlten Provisionen und Rückbuchungen. Hierfür dürften jedenfalls entsprechende Kontenübersichten vorzulegen sein. Ferner trifft sie die Darlegungs- und Beweislast für die behaupteten Haftungszeiten. Hierzu fehlt es an Sachvortrag.
Soweit die Klägerin einräumt, es seien Stornorücklagen gebildet worden, ist darauf hinzuweisen, dass ein Rückzahlungsanspruch nur insoweit besteht, als Provisionen dem Beklagten auch tatsächlich ausgezahlt wurden. Es ist ja gerade der Sinn der Stornoreserven, derartige Rückforderungen dadurch zu vermeiden, dass sie nicht ausgezahlt und im Bedarfsfall mit Forderungen gegen Gläubiger verrechnet werden.