29
Am 16.10.2012 hatte das Landgericht Zwickau darüber zu entscheiden, ob einem Versicherungsnehmer gegen einen Handelsvertreter bzw. einem Vertrieb Schadenersatzansprüche zustehen.
Hintergrund war der Antrag auf Abschluss einer privaten Krankenversicherung bei der Gothaer Krankenversicherung AG, der sich im Nachhinein als falsch herausstellte. Einige Gesundheitsangaben sollen hier nicht umfänglich mitgeteilt worden sein.
Zunächst wurde ein Versicherungsschein erteilt. Anschließend erklärte die Gothaer den Rücktritt.
Die Parteien stritten nun darum, wer die falschen Eintragungen zu verantworten hatte. Der Vermittler soll, so der Kläger, die Angaben im Versicherungsantrag gefälscht haben, um so den Abschluss zu ermöglichen und Provisionen zu verdienen.
Der Kläger meinte, dass eine Kopie, die kurz nach Erstellens des Antrages gefertigt wurde, stark von dem Antrag abweiche, der letztlich zur Gothaer gesandt wurde.
Diese Änderungen habe der Vermittler im Nachhinein vorgenommen.
So soll nach Darstellung des Klägers aus dem „Ja“ zu der Frage, ob Vorerkrankungen bestanden haben, im Nachhinein ein „Nein“ geworden sein.
Der Kläger drängte auf die Einholung eines graphologischen Gutachtens. Der Richter nahm dazu eigene Einschätzungen vor und wies die Schadenersatzklage ab.
Das Gericht meinte dazu, dass die von dem Kläger behaupteten Fälschungsmerkmale nicht vorliegen würden. Das Gericht erkannte zwar, dass zwischen dem Originalantrag und der vorgelegten Kopie ein Unterschied bestehe, jedoch mechanische oder fotomechanische Fälschungsspuren sich nicht ergeben würden.
Dann setzte sich das Gericht im Näheren mit Kopie und Antrag auseinander, sowie mit individualisierenden Ausfüllungsmerkmalen, unterschiedliche Ausprägung der Schrift auf dem Antrag, Durchdrückungsmerksmale, die im Schräglich ohne weiteres feststellbar sind und so weiter.
Das Gericht kommt dann zu dem Ergebnis, dass es der Erholung eines Schriftsachverständigengutachtens nicht bedarf.
Im Ergebnis hält das Gericht den Original-Antrag für richtig. Leider ist die Erklärung nicht nachvollziehbar, das Begriffe wie schräglich und die Erholung eines nicht eingeholten Gutachtens auf Unverständnis stoßen.
Noch nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Zwickau vom 16.10.2012 Aktenzeichen 2 O 568/11
23
Vertrieb muss Buchauszug erteilen und Ausgleichsanspruch zahlen
Am 18.09.2012 entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, dass ein Vertrieb sowohl einen Buchauszug zu erteilen habe, als auch einen Ausgleichsanspruch in Höhe von mehr als 100.000,00 € zu leisten habe.
Zwischen den Parteien war geregelt, dass Provision nur für eine nachhaltige Betreuung der Kunden gezahlt werden sollte. Darauf kam es jedoch nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main nicht an. Obgleich dies zwischen den Parteien nicht vereinbart wurde, hatte das Gericht als Maßstab die zwischen den Verbänden der Versicherungswirtschaft vereinbarten Grundsätze nach § 287 Abs. 2 ZPO als Schätzungsgrundlage herangezogen. Daran war das Oberlandesgericht Frankfurt am Main schließlich durch ein Revisionsurteil des Bundesgerichtshofes vom Ende letzten Jahres gebunden.
Die zu berücksichtigenden Provisionszahlungen schließen so genannte Superprovisionen ein, also Provisionen, die der Kläger beanspruchen konnte, weil die Abschlüsse von Vertretern der ihm nachgeordneten Struktur erwirtschaftet wurden.
Provisionen, die der Handelsvertreter während einer Phase der Erkrankung verdient hatte, wurden nicht abgezogen.
Zwischen den Parteien war streitig, ob der Ausgleichsanspruch mit einer aufgebauten Altersversorgung verrechnet werden können. Eine Verrechnung wäre zulässig, wenn die Altersversorgung aus Mitteln des Vertriebes aufgebracht wurde, also wirtschaftlich nicht dem Kläger zuzurechnen ist.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main meinte, dass die Anrechnungsvoraussetzungen nicht vorliegen. Mithin durfte der Ausgleichsanspruch nicht um die Altersversorgung geschmälert werden. Die Zahlungen in das so genannte Versorgungswerk waren nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main nämlich Entgeltzahlungen und somit wirtschaftlich dem Handelsvertreter zuzurechnen.
Im Übrigen zahlte der Vertrieb die Versorgungsleistungen nicht freiwillig. Diese waren nämlich Gegenstand einer Zusatzvereinbarung.
Diese Zahlungen sollten auch wirtschaftlich dem Handelsvertreter zuzurechnen sein und Vergütungsbedeutung beimessen. Schließlich hatte der Kläger die Leistungen als Einkünfte zu versteuern, woraufhin er durch die Abrechnungen jeweils hingewiesen wurde.
Darüber hinaus wurde der Vertrieb verpflichtet, einen Buchauszug zu erteilen, der zu enthalten hat:
Name des Versicherungsnehmers und/oder Vertragspartners
Policen- und/oder Versicherungsscheinnummer
Zu Art und Inhalt des Vertrages die Sparte, die Tarifart, die Prämien un/oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen
Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn
Bei Lebensversicherungensverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages
Bei Lebensversicherungensverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie
Im Fall von Stornierung: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen
Den Antrag auf Erteilung des Buchauszuges sah das Gericht als zulässig an. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main meinte letztendlich, dass im beantragten Umfang der Buchauszug zu erteilen ist. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hob daraufhin eine bereits früher verkündete Entscheidung auf.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main meinte auch, dass sich der Buchauszug auch auf die Geschäfte zu erstrecken habe, die seine Untervertreter der Struktur getätigt hätten.
Die Provisionsabrechnungen als Buchauszüge sind von dem Handelsvertreter auch nicht durch Schweigen anerkannt worden. Insofern schloss sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.11.1995 VIII ZR 293/94 an.
Der Vertrieb wandte Verjährung ein. Mit diesem Einwand konnte er nicht durchdringen. Schließlich war bei Lebensversicherungen die Fälligkeit wegen einer Stornohaftungszeit auf fünf Jahre hinausgeschoben. Danach kam eine Verjährung des ausgeurteilten Zeitraums nicht in Betracht.
Auch einen weiteren Einwand der Beklagten wollte das Gericht nicht gelten lassen, nämlich den, dass das Unternehmen selbst als Vertrieb auch nur Versicherungsvertreter sei.
Auch wenn die monatlichen Abrechnungen als permanente Buchauszüge bezeichnet werden, genügen sie dem Inhalt eines Buchauszuges nicht, weil sie die Geschäftsvorfälle nicht übersichtlich und verständlich darstellen. Auch ersetze der Onlinezugriff den Buchauszug nicht.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
19
Nun hatte der BGH gewisse Lebensversicherer dazu verpflichtet, nicht die ganzen Einzahlungen einzustecken und mit Kosten zu verrechnen.
Stattdessen sollten die Versicherer das ungzillmerte Guthaben auszahlen.
Ein Versicherer, die Generali, hatte sich dann eigene Klauseln aufgestellt, die vom BGH am 25.07.2012 kurzerhand für unwirksam erklärt wurde.
„Bestimmungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kapitallebens-versicherung und die aufgeschobene Rentenversicherung, die vorsehen, dass die Abschlusskosten im Wege des so genannten Zillmerverfahrens mit den ersten Beiträgen des Versicherungsnehmers verrechnet werden, stellen eine unange-messene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar und sind daher gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.“
15
Kurz und bündig entschied das Oberlandesgericht München über einen Streit, ob ein Versicherungsvertreter ein so genannter Ein-Firmen-Vertreter ist.
Eine Voraussetzung dafür, ob jemand Ein-Firmen-Vertreter ist, ist der Umstand, ob dieser laut Handelsvertretervertrag nur für das eine Unternehmen tätig werden darf.
Das Oberlandesgericht München hatte sich darüber Gedanken zu machen, ob dies in einem Vertragsverhältnis auch der Fall ist, wenn sich in dem Vertragsverhältnis eine Regelung befindet, wonach eine fremde Tätigkeit zwar erlaubt sei, jedoch erst drei Wochen später, nachdem der Handelsvertreter sämtliche die Nebentätigkeit betreffenden Unterlagen vorgelegt habe.
Das Oberlandesgericht München am 02.11.2009 dazu:
„Gründe: Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg, da der Beklagte – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – kein Ein-Firmen-Vertreter im Sinne von § 92 a HGB ist. Abschnitt I. des Vertrages verbietet nicht die Tätigkeit für weitere Unternehmer. Die vom Beklagten zitierte Klausel vermag selbst eine spontan aufgenommene andere Tätigkeit nur um drei Wochen zu verzögern, nicht aber zu verhindern. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 3 ZPO, § 17 a Abs. 4 GVG“.
Oberlandesgericht München vom 02.11.2009 Aktenzeichen 23 W 2342/09
11
LG Koblenz: Handelsvertreter hat Anspruch auf Buchauszug, Vertrieb auf Provisionsrückzahlung
Das Landgericht Koblenz entschied am 21.08.2012 in einem Anerkenntnisurteil, dass ein Vertrieb einem Handelsvertreter einen Buchauszug zu erteilen habe.
Dieser beschränkt sich auf einen Zeitabschnitt von zwei Jahren. Darüber hinaus lehnte das Landgericht Koblenz den Buchauszug ab, weil der Handelsvertreter vor dieser Zeit die Provisionen anerkannt hatte.
Gleichfalls wurde der Handelsvertreter verurteilt, Provisionen, die er als Vorschuss erhalten hatte, zurückzuzahlen.
Der Vertrieb legte hier umfangreiche Unterlagen vor, aus denen sich die einzelnen Berechnungen ergeben sollten. Diese hatte das Gericht als schlüssig angesehen.
Soweit der Beklagte hinsichtlich eines Versicherungsnehmers konkrete Einwendungen hinsichtlich der Haftungszeit und des Promillesatzes der Mitarbeiter erhebt, sind diese Einwendungen entsprechend den Ausführungen der Klägerseite entkräftet worden, so das Gericht.
Das Gericht nimmt dann die Berechnungen in einem Versicherungsfall „auseinander“. Es schreibt:
Hinsichtlich des Vertrags … wird von Klägerseite insgesamt eine unverdiente Provision in Höhe von 162,21 € geltend gemacht … (sodann erfolgen zutreffende Überlegung zur provisionspflichtigen Summe) … dieser Betrag von 162,21 € beruht wiederum auf vier Einzelbuchungen in Höhe von 89,18 €, 18,44 €, 58,97 € sowie 25,62 € … Bezüglich des Hauptvertrages war Vertragsbeginn der 01.09.2008. Vertragsende war der 01.01.2011. Auf diesen Hauptvertrag wurden insgesamt 28 Monatsprämien gezahlt. Mithin ergibt sich ein unverdienter Zeitraum von 32 Monaten. Bei einer Haftungszeit von 60 Monaten und einer Abschlussprovision in Höhe von 110,57 € ergibt sich eine unverdiente Provision von 58,97 €, die von Klägerseite zurückgefordert werden kann.
Anmerkung des Verfassers: Da eine Stornorückstellung gebildet wurde, hätte diese berücksichtigt werden müssen. Eine solche Berücksichtigung tauchte jedoch nicht auf, was letztendlich meines Erachtens zu falschen Ergebnissen führte.
Entscheidung des Landgerichts Koblenz vom 25.09.2012 Aktenzeichen 9 O 189/11
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig
08
Am 21.09.2012 wies das Landgericht Aschaffenburg die Klage eines Vertriebes auf Auskunft und Schadenersatz ab.
Die Parteien stritten um die Wirksamkeit fristloser und ordentlicher Kündigungen. Der Vertrieb meinte, eine fristlose Kündigung sei unwirksam und deshalb stehe ihm Unterlassungs-, Auskunfts- und Feststellungsansprüche zu sowie Schadenersatzansprüche.
Die Klägerin ist ein Finanzdienstleistungsunternehmen. Der Beklagte hatte das Vertragsverhältnis ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt, etwa einen Monat später dann fristlos.
Die Klägerin meinte, die fristlose Kündigung sei unwirksam, der Beklagte habe rechtswidrig seine Tätigkeit vorab eingestellt und habe ab diesem Zeitpunkt für ein Konkurrenzunternehmen gearbeitet.
Der Handelsvertreter wies daraufhin, dass die ordentliche Kündigungsfrist viel zu lang sei (12 Monate). Im Übrigen sei unklar, welcher der Kündigungsfristen im Vertrag gelte. Schließlich hänge eine Kündigungsfrist von der Dauer des Vertragsverhältnisses ab, eine andere von dem Grad der Strukturierung.
Die fristlose Kündigung sei erfolgt, weil der Beklagte seine vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen könne, weil es ihm verwehrt wurde, entsprechende Einnahmen zu erzielen.
Da mittlerweile das Vertragsverhältnis ohnehin abgelaufen war, kam es auf das von der Klägerin begehrte Unterlassen prozessual nicht mehr an.
Das Gericht erkannte außerdem an, dass die fristlose Kündigung wirksam war. Aus wichtigem Grund konnte das Vertragsverhältnis gemäß § 89 a HGB gekündigt werden.
Dabei stellte das Gericht nicht einmal darauf ab, dass die Provisionsvorschüsse von 80 % auf 50 % reduziert wurden.
Vielmehr kam es dem Gericht darauf an, wie sich die Klägerin im Anschluss an die ordentliche Kündigung verhielt. Die nämlich nach Ausspruch der Kündigung vorgenommenen Einschränkungen und Behinderungen waren für den Beklagten nicht mehr hinnehmbar.
Unstreitig hatte die Klägerin nach Zugang der ordentlichen Kündigung den individuellen Zugang zum firmeninternen Intranet gesperrt, und der Beklagte wurde darauf verwiesen, sich Zugang zum Intranet und seinen persönlichen Kundenbereich in den Büroräumen des Regionaldirektionsleiters zu den üblichen Geschäftszeiten zu verschaffen.
Damit wurde der Handelsvertreter faktisch zum Arbeitnehmer gemacht. Er hat erhebliche Einkommenseinbußen zu erleiden. Ort und Zeit seiner Tätigkeit führten zu einer persönlichen Abhängigkeit. Hieraus folgt zwangsläufig, dass der Beklagte als Handelsvertreter entgegen dem Leitbild eines Handelsvertreters im Sinne des § 84 HGB gleichsam wider Willen für ein Jahr zum Arbeitnehmer degradiert wird, ohne dass der Beklagte im Gegenzuge diese Rechte eines Arbeitnehmers (z.B. Beteiligung des Unternehmers/Arbeitgebers ein etwaigen Sozialversicherungsbeiträgen, Kündigungsschutz, Anwendung des Arbeitszeitgesetzes u.s.w.) erhalten würde.
Das Gericht rügte auch, dass die Klägerin dem Beklagten die Befürchtung des Datendiebstahls äußerte. Die Befürchtung von Datendiebstahl von kündigenden Handelsvertretern rechtfertigt es jedenfalls nicht, die vorgenannten Maßnahmen zu ergreifen.
Das Gericht hielt auch eine vorzuschaltende Abmahnung der Klägerin für entbehrlich.
Urteil des Landgerichts Aschaffenburg Aktenzeichen 32 O 328/10
17
14
12
AWD-Anleger gehen in Köln leer aus
10
05