05
28
23
Was macht man mit einer Versicherung, die nicht zahlen will. Soll man über Jahre hinweg in langen Prozessen über deren Leistungspflicht streiten? Was ist, wenn es um lebenswichtige Behandlungen geht und der Versicherte nicht in der Lage ist, die Behandlung aus eigener Tasche vorzufinanzieren? Schlimmstenfalls kann es am Ende eines Prozesses zu spät sein.
Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem Beschluss entschieden, dass in derartigen Fällen auch der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Betracht kommt. Auf diesem Wege muss dann die Versicherung zunächst leisten. Erst wenn am Ende des normalen Klageverfahrens doch die Versicherung Recht bekommt, müsste Geld zurückerstattet werden. Voraussetzung für ein solches Eilverfahren ist, dass der Versicherte dringend auf die betreffende Behandlung angewiesen ist, und nachweist, die Behandlung nicht selbst finanzieren zu können. Im entschiedenen Fall in Hamm ging es um einen Patienten, der dringend auf eine Betreuung rund um die Uhr angewiesen war, um nicht an den Auswirkungen einer chronischen Bronchitis zu ersticken.
OLG Hamm, 20 W 29/11, Beschluss vom 12.10.2011
21
13
Die Klage eines Ehepaars wegen Kaufs einer Eigentumswohnung gegen eine vermittelnde Wirtschaftsberatungsgesellschaft und den dort tätigen Berater wegen angeblicher Falschberatung wurde abgewiesen.
Sachverhalt:
Die Eheleute standen im Jahr 2003 in Geschäftsbeziehung mit der später verklagten Wirtschaftsberatungsgesellschaft. Dort teilten sie mit, dass sie am Kauf einer vermieteten Eigentumswohnung interessiert seien. Daraufhin stellte ihnen der bei der Wirtschaftsberatungsgesellschaft tätige Mitarbeiter eine Eigentumswohnung in Berlin vor. Diese kauften die Eheleute für 60.600,00 Euro, wovon sie 50.000,00 Euro mittels Kredit finanzierten.
Die Eheleute behaupteten, falsch beraten worden zu sein. Ihnen sei zugesichert worden, dass beim Kauf der Eigentumswohnung keine wesentliche finanzielle Belastung auf sie zukommen werde. Die garantierte Miete fließe ihnen absprachewidrig nicht vollständig zu, da hiervon nicht auf den Mieter umlagefähige Kosten abgezogen würden. Die Eheleute gaben an, ihnen sei eine ausgebliebene erhebliche Wertsteigerung zugesagt worden. Insgesamt wäre die Wohnung völlig überteuert.
Die Beklagten gaben an, dass sie den Klägern keine Zusicherungen gemacht hätten. Über Chancen und Risiken seien die Eheleute durch einen Prospekt aufgeklärt worden. Die Eheleute hätten auch eine Notiz über das Vermittlungsgespräch unterschrieben, aus der sich der Inhalt der Beratung ergebe.
Gerichtsentscheidung:
Das Landgericht Coburg wies die Klage ab.
Hinsichtlich der Klage gegen den Vermittler persönlich stellte es fest, dass der Beratungsvertrag nur mit der Wirtschaftsberatungsgesellschaft zustande gekommen ist. Eine Ausnahme, nach der der Vermittler aufgrund Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens selbst haften könnte, lag nicht vor.
Auch eine Haftung der Wirtschaftsberatungsgesellschaft verneinte das Landgericht Coburg. Aus den Beratungsunterlagen ergab sich für das Gericht, dass vom garantierten Mietzins nicht umlagefähige Instandhaltungsrücklagen und Verwaltungskosten abzuziehen sind. Die Kläger konnten nicht damit rechnen, dass ihnen der garantierte Mietzins ungeschmälert zukommt. Hinsichtlich des Wertzuwachses beurteilte das Gericht die prognostizierten Angaben im Prospekt als damals realistisch. Es liegt im Wesen einer Prognose, dass diese sich nicht erfüllen muss. Daher wies das Gericht die Klage der Immobilienkäufer ab. Die gegen dieses Urteil geführte Berufung der Eheleute blieb ebenfalls erfolglos. Das Oberlandesgericht Bamberg hielt die Entscheidung des Landgerichts Coburg für zutreffend.
Fazit:
Wenn sich eine Investition nicht wie erwartet entwickelt, dann sehen die Anleger die Verantwortung hierfür (zu) schnell beim Vermittler.
(Landgericht Coburg, Urteil vom 19.07.2011, Az. 11 O 232/10; Oberlandesgericht Bamberg, Beschlüsse vom 27.09. und 14.11.2011, Az.: 3 U 162/11; rechtskräftig)
Im Original von der Seite des LG Coburg übernommen.
08
AWD hat es bös erwischt
Als ich gestern in einer Angelegenheit wegen Schlechtberatung durch einen Makler zum Landgericht Zwickau unterwegs war, berichtete WDR 2 schon um 6 Uhr morgens von den Schlappen des AWD.
Mittlerweile dürfte es durch aller Munde sein: Der AWD wurde durch zwei weitere Urteile vom Landgericht Braunschweig und Oberlandesgericht Naumburg zum Schadenersatz verurteilt.
Erstritten hat dies wohl Rechtsanwältin Petra Brockmann aus Bremen, die im WDR dann auch gleich mit genannt wurde.
In beiden Fällen ging es um die Vermittlung von Anteilen an Filmfonds mit den Bezeichnungen IMF 2 beziehungsweise IMF 3.
Am IMF 2 beteiligten sich in den Jahren 2000 und 2001 knapp 5.000 Anleger mit einer Summe von insgesamt rund 110 Millionen Euro. Für den IMF 3 fanden sich rund 10.000 Anleger, die mehr als 160 Millionen Euro investierten.
Beide Fonds entwickelten sich jedoch nicht so, wie es der AWD-Berater angekündigt hatte. In Naumburg wurde bereits der Prospekt des Fond von den Richtern angeprangert, der auf Risiken nicht hingewiesen haben soll.
Bereits im letzten Jahr wurde der AWD in Wien zum Schadenersatz verurteilt. Hier im Blog wurde darüber berichtet.
AWD kündigte an, gegen die Urteile Rechtsmittel einlegen zu wollen.
Es droht dem AWD weiterer Ungemach: Laut der Hannoverschen Allgemeinen sollen im Jahr 2011 etwa 1200 Klagen von Geldanlegern eingereicht worden sein. Davon, so mutmaßt die HAZ, sollen etwa 800 auf den AWD fallen.
AWD wehrt sich jedoch nicht nur gegen die beiden Urteile, sondern geht auch gegen den Hamburger Anwalt Rolf Thiel in die Offensive, in dem der AWD die Idee vom „Geschäftsmodell eines offensichtlich gierigen Anwaltes“ in die Welt setzt. So ebenso zu lesen in der HAZ.
Wer weiß, ob den durch den Filmfond geschädigten Kunden nicht Ähnliches vorgehalten wird.
Götz Wenker vom AWD wird noch einiges zu tun haben, um die in der „Medienberichterstattung und nicht immer positiven Einflüsse“ neu kanalisieren zu können.
07
Vorgestellt von Rechtsanwalt Kai Behrens
Am 13.02.2012 findet vor dem Landgericht Leipzig eine interessante Berufungsverhandlung statt.
Hier klagt ein Kunde gegen einen Vertrieb wegen Falschberatung.
In der Verhandlung selbst soll der Kunden selbst als Partei vernommen werden.
Der Kunde trägt vor, er habe den Vermittler nach weiteren Kosten gefragt, der Vermittler habe bestätigt, derartige Kosten würden nicht anfallen.
Hintergrund ist, dass der Kunde im Jahre 2004 eine Riester-Rente Wachstum mit Garantie-Tarif 2RG abgeschlossen hatte. Um eine staatliche Förderung zu erhalten, musste eine Beitragserhöhung stattfinden. Ferner wünschte der Kunde einen Fond-Wechsel in einem bereits vorhandenen Riester-Rentenvertrag.
Dazu bat er um ein Gespräch mit seinem Vermögensberater.
Über neu anfallende Abschluss- und Vertriebskosten wurde, so behauptet es der Kunde, kein Wort erwähnt.
Als der Kunde dann im März 2009 eine Wertermittlung von der AachenMünchener bekommen hatte, stellte er fest, dass etwa 300,00 € an Abschluss- und Vertriebskosten abgezogen wurden. Hinzu kamen Verwaltungskosten in Höhe von 168,00 €.
In einer ersten Entscheidung des Amtsgerichts Leipzig vom 24.03.2010 wurde die Klage des Kunden gegen die AachenMünchener abgewiesen.
Das Amtsgericht meinte, der Kunde könne den Nachweis einer unzureichenden Beratung nicht führen. Schließlich könne er nicht nachweisen, dass er lediglich eine Anpassung, und keinesfalls einen Neuabschluss gewünscht hatte. Denn das Antragsformular und auch der dem Antrag zugrunde liegende Versorgungsvorschlag lasse keine Zweifel daran, dass ein neuer Vertrag angeschlossen sein sollte.
Der Kläger hatte darüber hinaus behauptet, der Berater habe ausdrücklich zugesichert, dass keine weiteren Kosten entstehen würden. Diese Behauptung wurde von dem Versicherer bestritten und konnte von dem Kunden nicht bewiesen werden.
06
Vorgestellt von Rechtsanwalt Kai Behrens, Münster
Und wieder einmal musste sich ein Landgericht mit der Frage beschäftigen, ob bei einem Rechtsstreit eines Handelsvertreters mit seinem Vertrieb das Arbeitsgericht oder das Landgericht zuständig ist.
Der Handelsvertreter hatte dargelegt, er habe in den letzten sechs Monaten weniger als 1.000,00 € an Provisionen verdient.
Das Landgericht Darmstadt machte in einem Hinweisbeschluss darauf aufmerksam, dass es nunmehr Sache des Vertriebs sei, etwas anderes vorzulegen bzw. darzulegen. Allgemeines Bestreiten würde hier nicht ausreichen. Der Vertrieb müsse einen höheren Verdienst substantiiert darlegen, um hier die Angelegenheit angreifen zu können.
Im Übrigen sprach das Landgericht Darmstadt aus, dass es dazu neige, den Handelsvertreter als so genannten Ein-Firmen-Vertreter zu behandeln, weil im Vertrag ein umfassendes Arbeitsverbot jedenfalls für 21 Tage geregelt ist.
Landgericht Darmstadt vom 19.12.2011
31
Vorgestellt von RA Kai Behrens, Münster
Am 12.12.2011 entschied das Landgericht Koblenz in einem Rechtsstreit der OVB Vermögensberatung mit einem Handelsvertreter, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig ist.
Die Frage, ob das ordentliche Gericht oder das Arbeitsgericht zulässig ist, entscheidet sich gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG an der Frage, ob der Handelsvertreter ein so genannter Ein-Firmen-Vertreter ist.
Dies ist er dann, wenn ihm die Tätigkeit für einen anderen Unternehmer nicht möglich ist.
Streitig waren vertragliche Klauseln, wonach der Handelsvertreter sich ständig gegenüber der OVB verpflichtet hatte. Darin sah der Handelsvertreter bereits die Bedingung eines Ein-Firmen-Vertreters.
Außerdem gab es eine weitere Klausel in dem geschlossenen Vertrag, wonach es ihm untersagt war, mit den Kunden Berater- oder Auskunftsverträge zu schließen oder diesen vor Beendigung der für die OVB geführten Beratungsgespräche anderweitige Produkte oder Dienstleistungen zu offerieren.
Das Gericht schloss sich der Auffassung des Handelsvertreters nicht an.
Gegen die Entscheidung wurden Rechtsmittel eingelegt. Nun wird das Oberlandesgericht darüber entscheiden.
24
Das Landgericht Waldshut-Tiengen entschied am 18.01.2011, dass das Landgericht, und nicht das Arbeitsgericht in einem Rechtsstreit eines Handelsvertreters mit seinem Vertrieb zuständig ist.
Der Handelsvertreter rügte die Zuständigkeit des Gerichtes. Er hatte behauptet, er würde im Durchschnitt weniger als 1.000,00 € in den letzten sechs Monaten verdient haben. Außerdem sei er so genannter Ein-Firmen-Vertreter.
Maßgeblich war ein Vertrag, wonach eine Tätigkeit für Dritte erlaubt war, wenn diese Tätigkeit 21 Tage vor Aufnahme dem Unternehmen angezeigt worden wäre.
Wegen dieser Regelung, so das Landgericht Wallshut-Tiengen, bestände keine Zustimmung zur Verpflichtung des Unternehmens.
Auch sei er nicht aufgrund des Umfanges der Tätigkeit ein so genannter Ein-Firmen-Vertreter. Schließlich hätte er auch neben dem verpflichtenden Terminen, den Schulungen und den Arbeitstreffen genügend Zeit gehabt, für andere Unternehmen tätig zu werden.
Mithin lagen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ArbGG nicht vor.
Landgericht Waldshut-Tiengen vom 18.01.2011 Aktenzeichen 2 O 175/10 M
23
Das Brandenburgische Oberlandesgericht hatte am 24.07.2007 darüber zu entscheiden, ob gemäß einer vertraglichen Regelung ein Handelsvertreter ein so genannter Ein-Firmen-Vertreter ist und ob das Landgericht oder das Arbeitsgericht über einen Rechtsstreit zu entscheiden hatte.
Gegenstand des Handelsvertretervertrages war folgende Bestimmung:
§ 7 Übernahme weiterer Tätigkeiten
„Der Vertreter hat grundsätzlich das Recht, für Dritte tätig zu werden. Im Hinblick auf die Risiken aus der Beraterhaftung für die Bank für solche Drittprodukte im Zusammenhang mit Bankleistungen und Beratungen bedarf der Vertreter der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Bank und der Betriebsgesellschaft, bevor er für Dritte tätig wird. Die Bank und die Vertriebgesellschaft können die Zustimmung zum Vertrieb von Konkurrenzprodukten oder Tätigkeiten für Konkurrenzunternehmen verweigern“.
Fraglich war demnach, ob diese Regelung dem Handelsvertreter vertraglich untersagen würde, für weitere Unternehmen tätig zu werden.
Zunächst entschied das Landgericht Neuruppin am 04.06.2007, dass die Arbeitsgerichte zuständig seien. Schließlich dürfe der Handelsvertreter nicht für andere Unternehmen tätig werden.
Diese Entscheidung hob das Brandenburgische Oberlandesgericht am 24.07.2007 auf.
Schließlich war dem Handelsvertreter vertraglich nicht untersagt, für weitere Unternehmer tätig zu werden. Zwar liegt ein vertragliches Verbot allerdings auch dann vor, wenn die Aufnahme der Tätigkeit für ein anderes Unternehmen von der Zustimmung des Unternehmers abhängig gemacht wird und diese nicht vorliegt. Eine bloße Wettbewerbsabrede genügt dem gegenüber jedoch nicht, weil die Tätigkeit für Nichtwettbewerber möglich bleibt.
Gemäß der Regelung dieses Vertrages war dem Handelsvertreter das Tätigwerden für Dritten ausdrücklich grundsätzlich erlaubt. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes war nur im Bezug auf Konkurrenzprodukte und –Unternehmen statuiert worden. Mithin geht die Regelung nicht über das hinaus, was dem Handelsvertreter bereits aufgrund der Interessenswahrungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 HGB gesetzlich untersagt ist.
Die Auslegung des Handelsvertretervertrages ergibt, dass das Zustimmungserfordernis sich nur auf den Vertrieb bzw. der Vermittlung solcher Produkte von Drittfirmen erstreckt, die im Zusammenhang mit Bankleitungen und –Beratungen stehen und damit den unmittelbaren Geschäftsbereich der Klägerin betreffen. Dafür spricht bereits der Wortlaut der Regelung.
Mithin war der Handelsvertreter nicht nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit gehindert, für andere Unternehmer tätig zu werden.
Brandenburgisches Oberlandesgericht vom 24.07.2007 Aktenzeichen 12 W 25/07